1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Terrorismus: Terrorismus: Darkazanli und die spanisch-deutsche El-Kaida-Schiene

Terrorismus Terrorismus: Darkazanli und die spanisch-deutsche El-Kaida-Schiene

Von Jörg Vogelsänger 17.10.2004, 13:12
Der in Hamburg verhaftete Terrorverdächtige Marmoun Darkazanli in einer undatierten Aufnahme von Interpol. (Foto: dpa)
Der in Hamburg verhaftete Terrorverdächtige Marmoun Darkazanli in einer undatierten Aufnahme von Interpol. (Foto: dpa) dpa

Madrid/dpa. - «Die Spuren führen auch nach Deutschland.» DieserSatz ist im Zuge der Ermittlungen gegen islamistische Terroristen inSpanien in den vergangenen Jahren schon häufiger gefallen. Dass derals Schlüsselfigur des El-Kaida-Netzwerks geltende Mamoun Darkazanlinun in Hamburg verhaftet wurde, ist für die Fahnder in Madrid deshalbauch keine Überraschung. Wohl aber ein Erfolg für ErmittlungsrichterBaltasar Garzón, der bereits vor einem Jahr gegen den 46-jährigenKaufmann mit syrischer und deutscher Staatsangehörigkeit und 34mutmaßliche El-Kaida-Mitglieder Anklage wegen Mitgliedschaft in einerterroristischen Vereinigung erhoben hatte. Unter ihnen ist auch El-Kaida-Chef Osama bin Laden.

Garzóns Ermittlungen haben gezeigt, dass es im weit gespannten El-Kaida-Netz auch wiederholt Querverbindungen von Spanien nachDeutschland gegeben hat. Der bislang größte Erfolg des Richters wardie Zerschlagung einer spanischen El-Kaida-Zelle im November 2001.Ihr mutmaßlicher Anführer, der aus Syrien stammende spanischeStaatsbürger Imad Eddin Barakat Yarkas alias «Abu Dahdah», sitztseitdem in Madrid in Haft. Der jetzt in Hamburg gefasste Darkazanlisoll mit ihm gut befreundet gewesen sein. «Immer, wenn er nachSpanien reiste, wohnte er bei ihm», sagte ein Polizeisprecher.

Aber nicht nur das. Die Ermittlungen ergaben, dass die spanischeZelle maßgeblich an der Planung und Ausführung der Anschläge von 2001in den USA zwei Monate zuvor beteiligt gewesen war. Das genaue Datumetwa, der 11. September, soll in Spanien festgelegt worden sein. Dieletzten Details wurden demnach auf einem «Terrorgipfeltreffen»besprochen, das im Juli 2001 bei Tarragona an der Costa Doradastattfand. Unter den Teilnehmern: Mohammed Atta, der «Todespilot» derHamburger El-Kaida-Zelle, und der mutmaßliche Chefplaner RamziBinalshibh. Der Name «Abu Dahdah» tauchte auch in einem Kalender auf,der bei Durchsuchungen in der Hansestadt sichergestellt worden war.

Nur knapp ein halbes Jahr später gab es wieder Spuren nachDeutschland. Nach der Festnahme zweier Terrorverdächtiger ausAlgerien und Syrien in Barcelona und Madrid stellte sich heraus, dassdiese die Gruppe um Mohammed Atta und andere mutmaßliche El-Kaida-Mitglieder über Bau- und Immobilienfirmen mit Geld versorgt hatten.

Damals galt Spanien lediglich als eines der wichtigstenRückzugsgebiete des Terrornetzes in Europa. Seit den MadriderAnschlägen auf vier Pendlerzüge mit 191 Todesopfern im März diesesJahres hat sich dieses Bild geändert: Das Land gilt nunmehr zudem alswichtige Operationsbasis islamistischer Extremisten. Auch dieAttentäter von Madrid haben den Ermittlungen zufolge Verbindungen zuder Zelle um «Abu Dahdah» gehabt - und nach Deutschland: Einen Monatnach dem Blutbad wurde Haftbefehl gegen einen Marokkaner erlassen,der zeitweise in Darmstadt gewohnt hatte.

Garzón setzt nun auf eine rasche Auslieferung Darkazanlis. Vonseinem Verhör erhofft er sich neue Erkenntnisse über die spanisch-deutsche El-Kaida-Verbindung - dann will er ihm in Madrid den Prozessmachen. Der Richter hatte vor sechs Jahren erstmals internationalAufsehen erregt, als er mittels eines spanischen Haftbefehls dieFestsetzung des früheren chilenischen Diktators Augusto Pinochet inGroßbritannien erwirkte.