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Terrorismus Terrorismus: Anschläge standen unmittelbar bevor

09.09.2007, 14:20
In dieser Garage in Freudenstadts Ortsteil Wittlensweiler hatten die mutmaßlichen Terroristen die Fässer mit dem Wasserstoffperoxid gelagert. (Foto: dpa)
In dieser Garage in Freudenstadts Ortsteil Wittlensweiler hatten die mutmaßlichen Terroristen die Fässer mit dem Wasserstoffperoxid gelagert. (Foto: dpa) ddp

Berlin/dpa. - Darauf habe der Auftraggeber der drei Männer von derTerrororganisation Islamische Dschihad-Union gedrungen, berichteten am Wochenende übereinstimmend das Magazin «Der Spiegel» sowie «Tagesspiegel» und «Die Welt». Eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft wollte sich dazu auf Anfrage nicht äußern - diese Information gehöre zum «Kernbereich der Ermittlungen».

Die Sprecherin bestätigte, dass die Männer in Frankreich bereitsdrei Kleintransporter gekauft hätten. Es gebe aber keinen Beweis für die Aussage eines anonymen Ermittlers im Magazin «Focus», dass diese Fahrzeuge für Autobomben gedacht waren. Bei der Durchsuchung des Hauses im Sauerland (Nordrhein-Westfalen) wurden laut «Spiegel» Zünder aus Syrien gefunden. In den Vernehmungen schweigen die drei Verhafteten laut Bundesanwaltschaft jedoch hartnäckig. Nach Einschätzung der Behörde werden die Ermittlungen noch Monate dauern.

Karlsruhe ermittelt nicht nur gegen die drei Verhafteten undsieben weitere Verdächtige, sondern prüft auch die Einleitung vonErmittlungen gegen zahlreiche weitere Personen, wie die Sprecherinsagte. Die von Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) genannteZahl von insgesamt 50 Beteiligten konnte sie nicht bestätigen.

Mit den Anschlägen wollte sich die wenig bekannte Dschihad-Unionnach Einschätzung eines hochrangigen Sicherheitsexperteninternational Aufmerksamkeit verschaffen, wie der «Tagesspiegel»schrieb. Laut «Spiegel» ordnete der Auftraggeber der drei jungenMänner Ende August telefonisch an, innerhalb von zwei Wochen einen Anschlag zu verüben.

Innenstaatssekretär August Hanning sagte der «FrankfurterAllgemeinen Sonntagszeitung» mit Blick auf die Verhafteten: «Siehatten einen klaren Auftrag, den haben sie unbeirrbar verfolgt und sich durch nichts abschrecken lassen.» Der «Bild am Sonntag» sagte ein hoher Sicherheitsbeamter: «Der Terrorauftrag für die verhinderten Anschläge kam aus Pakistan.»

Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und JustizministerinBrigitte Zypries (SPD) riefen die Muslime in Deutschland in «Welt am Sonntag» und «Bild am Sonntag» auf, radikale Islamisten zu melden. Die nach Bekanntwerden des Falles erzielte Einigung der Innenminister, Terrorausbildungen unter Strafe zu stellen, stößt bei Zypries jedoch auf Skepsis. Im Deutschlandfunk bezweifelte sie, dass es rechtlich möglich ist, jemanden allein wegen der Ausbildung insogenannten Terrorcamps zu bestrafen, wenn sich der Betreffendeansonsten nicht auffällig verhält. Zypries sieht eher Regelungsbedarfbeim Verkauf bestimmter Chemikalien, die zum Bombenbau geeignet sind.Sie halte es «nicht für sonderlich glücklich», dass die frei und ohneNamensregistrierung zu kaufen seien.

Unterdessen sind sich Union und SPD weiter uneinig, ob denSicherheitsbehörden die heimliche Durchsuchung von Computern übersInternet erlaubt werden soll. CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauderverlangte «konsequentes Handeln» statt «demonstrativer Gelassenheit».CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte der «Frankfurter AllgemeinenSonntagszeitung», letztlich werde die SPD ihre Vorbehalte «aufgebenmüssen».

Zypries bekräftigte gleichwohl ihre Skepsis: Man solle «nichtaufgeregt und vorschnell Forderungen stellen, nur weil es mal einenEinzelfall gibt». Müntefering sagte der «Bild am Sonntag»: «Derjüngste große Erfolg bei der Terrorabwehr zeigt doch, wie gut wir mitdem geltenden Recht und den Möglichkeiten, die es bietet, aufgestelltsind.» Der Innenexperte der SPD-Fraktion, Dieter Wiefelspütz,erklärte sich aber damit einverstanden, zur Terrorabwehr Erkenntnisseausländischer Geheimdienste aus Online-Durchsuchungen zu nutzen. Erbezweifelte aber, dass die Informationen «gerichtsfest» wären.

Für viele Bürger ist die Terrorgefahr in Deutschland so groß wienie zuvor. Nach einer Emnid-Umfrage finden 72 Prozent die Islamistenfür bedrohlicher als die Rote Armee Fraktion (RAF) vor 30 Jahren. 25Prozent fühlen sich persönlich bedroht.