SPD in Hessen SPD in Hessen: Zum Rapport in der Zentrale

BERLIN/MZ. - Dann trifft Thorsten Schäfer-Gümbel eine Entscheidung und verschränkt die Arme entschlossen hinter dem Rücken. Dieses Problem wäre gelöst.
Neuanfang als Ziel
Das ist nicht viel angesichts dessen, was dem 39-jährigen hessischen Sozialdemokraten in den nächsten neuneinhalb Wochen abverlangt wird. Der Landtagsabgeordnete Schäfer-Gümbel soll nach Andrea Ypsilantis Debakel einen "Neuanfang" für die hessische SPD verkörpern und es richten für die SPD in der vorgezogenen Landtagswahl am 18. Januar. 48 Stunden nach seiner Nominierung zum Spitzenkandidaten durch den Landesparteirat ist er gestern ins Berliner Willy-Brandt-Haus gekommen, um sich Präsidium und Vorstand der SPD bekannt zu machen.
Das ist bitter nötig, denn Schäfer-Gümbel ist außerhalb Hessens ein weißes Blatt. In Hessen ist er, sofern überhaupt, als Kofferträger in Ypsilantis Diensten aufgefallen. Deren Wertschätzung für Herrn Schäfer-Gümbel hatte bislang nicht einmal ausgereicht, um ihn für einen Ministerposten in der geplanten rot-grünen Minderheitsregierung vorzusehen. Auch bleibt Ypsilanti bekanntlich Landesparteichefin und SPD-Landtagsfraktionsvorsitzende, womit die Botschaft vom "Neuanfang" eine kabarettistische Note erhält.
Nun denn, Schäfer-Gümbels Hände haben ihren Platz hinter dem Rücken gefunden, im Schatten der Bronzestatue Willy Brandt sagt SPD-Chef Franz Müntefering, was er sagen muss. Dass er sich freue, dass Schäfer-Gümbel "heute dabei ist". Dass Frau Ypsilanti dem Vorstand "noch mal deutlich gemacht hat, was ihre Gründe waren, beiseite zu treten und mit Thorsten Schäfer-Gümbel der SPD eine neue Perspektive" zu eröffnen. Dass die Wahl "keineswegs schon entschieden" sei. Die SPD werde "da besser rauskommen, als manche das in schaler Vorfreude" glaubten.
Keine Kleinigkeiten
Schäfer-Gümbel sagt, die sozialdemokratischen Themen lägen auf der Straße, Mindestlöhne, Leiharbeit, Finanzmarktkrise, Energiewende. Die Menschen schrien förmlich nach Antworten. Einer fragt, warum - um den Neuanfang glaubhafter zu gestalten - Schäfer-Gümbel nicht auch den Landes- oder Fraktionsvorsitz übernommen habe. "Ich habe keine Zeit, mich um jede Kleinigkeit in der hessischen SPD zu kümmern", sagt Schäfer-Gümbel. Es gibt tragikomische Momente an diesem Mittag.
Die Wahrheit ist: Für die SPD-Spitze ist die Hessenwahl abgehakt, Schäfer-Gümbel geht einen Opfergang. Entsprechend zurückhaltend beschreibt Müntefering den erwartbaren Einsatz der SPD-Führungsriege im Wahlkampf: "Volle Unterstützung", sicher, "soweit das möglich ist".