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SPD gegen mehr Soldaten für Afghanistan

Von Bettina Grachtrup 20.12.2009, 12:02

Berlin/dpa. - Acht Jahre nach Beginn der Afghanistan-Mission unter Rot-Grün lehnt die SPD eine weitere Verstärkung des deutschen Truppenkontingents am Hindukusch ab. «Für zusätzliche Kampftruppen über die bisherige Obergrenze hinaus wird es die Zustimmung der SPD nicht geben.»

Das sagte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel am Wochenende. Ähnlich äußerte sich SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Beide sprachen sich für eine Verstärkung des zivilen Aufbaus aus. Die Grünen begrüßten dies. Dagegen warfen Vertreter von Union und FDP den Sozialdemokraten vor, sich aus der Verantwortung stehlen zu wollen. Unter SPD-Führung habe der Afghanistan-Einsatz schließlich begonnen.

Schwarz-Gelb: SPD flüchtet vor Verantwortung

Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Philipp Mißfelder, kritisierte Gabriel in «Spiegel Online» mit den Worten: «Sie haben uns da reingeführt und flüchten jetzt offenbar aus der Verantwortung.» Die FDP-Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger sagte: «Die SPD will sich davonstehlen.» Zur Diskussion über konkrete Zahlen sagte sie, zunächst müsse auf der Afghanistan-Konferenz Ende Januar in London eine international abgestimmte Strategie festgelegt werden. Die Bundesregierung hat erklärt, nicht vor der Konferenz über eine Aufstockung der Truppen am Hindukusch entscheiden zu wollen.

US-Präsident Barack Obama will die in Afghanistan stationierten US-Truppen um 30 000 Mann aufstocken und einen Abzug im Sommer 2011 einleiten. Nach Einschätzung von NATO-Militärs muss auch Deutschland 2010 mehr Soldaten in den Norden Afghanistans schicken. Bislang liegt die Obergrenze bei 4500 Bundeswehrsoldaten. Der Bundestag hatte das sogenannte ISAF-Mandat kürzlich um ein weiteres Jahr verlängert. Auch Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sprach sich in der «Welt am Sonntag» gegen eine frühe Festlegung auf konkrete Zahlen aus. «Wir formulieren jetzt die Strategie, und aus der folgt, wie viele Truppen und Zivilkräfte man braucht.»

Ministerium durchdenkt «militärische Optionen»

Laut «Leipziger Volkszeitung» sind Experten im Berliner Verteidigungsministerium bereits damit beschäftigt, Truppen- und Ausrüstungsplanungen auf Basis einer Anforderung von 2500 weiteren Soldaten bis zur Konferenz voranzutreiben. Ein Ministeriumssprecher sagte dazu, es sei «Teil der normalen Stabsarbeit», verschiedene militärische Optionen durchzudenken: «Neben der Möglichkeit, den Schwerpunkt der Truppen zu verschieben, gehört natürlich auch die Option einer Truppenverstärkung in den militärischen ?Werkzeugkasten?.» Konkrete Zahlen stünden nicht im Fokus.

Die SPD forderte die Bundesregierung abermals auf, im Bundestag zu erklären, mit welcher Strategie sie in die Afghanistan-Konferenz gehe. Steinmeier sagte der Wochenzeitung «Das Parlament» (Montag), die NATO werde am 28. Januar wahrscheinlich mehr deutsche Soldaten für Afghanistan anfordern. «Darüber hätte das Parlament im Vorfeld diskutieren müssen. Ich sage aus Erfahrung: Wer ohne eigene Linie verhandelt, wird später zu den Getriebenen gehören.»

Streit um Kundus-Affäre geht weiter

Unterdessen geht auch der Streit in der Kundus-Affäre weiter: SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sprach in der «Neuen Osnabrücker Zeitung» von einer «Vertrauenskrise» zwischen Regierung und Bundestag. Die Umstände des Luftanschlags im nordafghanischen Kundus am 4. September mit bis zu 142 Toten und Verletzten seien verschleiert worden. Oppermann stellte deshalb die Zustimmung seiner Partei für künftige Auslandseinsätze der Bundeswehr in Frage.

Wie Gabriel der «Bild am Sonntag» sagte, will die SPD Guttenberg und den früheren Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan im Bundestags-Untersuchungsausschuss zur Kundus-Affäre vereidigen lassen, wenn beide bei ihren gegensätzlichen Aussagen über die Umstände von Schneiderhans Entlassung bleiben. Guttenberg hatte den Luftschlag am 6. November als militärisch angemessen bezeichnet, sich aber am 3. Dezember korrigiert. Er begründete die Kehrtwende damit, dass ihm für seine ersten Bewertung wichtige Berichte der Bundeswehr nicht vorgelegen hätten. Die Opposition zweifelt diese Begründung an.