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Spanien Spanien: S-Klasse-Dienstwagen von Schmidt gestohlen

Von Marco Hadem 25.07.2009, 14:40
Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) kommt am 15. Juli in Berlin mit einem Dienstwagen zu einem Termin. (FOTO: DPA)
Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) kommt am 15. Juli in Berlin mit einem Dienstwagen zu einem Termin. (FOTO: DPA) dpa

Berlin/Alicante/dpa. - Dass die Sache in der Praxis dann dochetwas komplizierter sein kann, musste jetzt GesundheitsministerinUlla Schmidt (SPD) erfahren. Nachdem spanische Langfinger in dervergangenen Woche die Mercedes-S-Klasse der Bundesministerin an ihremUrlaubsort Alicante geklaut hatten, sah sich die Sozialdemokratin amWochenende bohrenden Fragen aus der Heimat ausgesetzt.

Was machte der Dienstwagen samt Fahrer überhaupt im fernenSpanien? Für wie viele dienstliche Termine brauchte sie das Gefährt?Gab es keine günstigere Alternative wie einen Leihwagen? Wer kommtfür die Kosten der rund 5000 Kilometer langen Reise Berlin-Alicante-Berlin auf? Stundenlang suchte die Pressestelle von SchmidtsMinisterium am Sonntag nach einer Sprachregelung, vertrösteteanfragende Journalisten immer wieder, um am Ende eine dünnesiebenzeilige Mitteilung zu veröffentlichen.

«Der Bundesministerin für Gesundheit steht wie allen Mitgliederndes Bundeskabinetts ein personengebundener Dienstwagen fürdienstliche und private Nutzung mit Fahrer ständig zur Verfügung»,hieß es da. «Auch im diesjährigen Spanienurlaub hat sie denDienstwagen mehrfach dienstlich und privat genutzt. Bei privatenFahrten wird das selbstverständlich gemäß den Bestimmungen auchprivat abgerechnet.» Ob dies ausreichen wird, die Kritiker zuberuhigen, bleibt abzuwarten. Jedenfalls reagierten Verbände und dieOpposition mit harscher Kritik und Unverständnis.

Der Präsident der Freien Ärzteschaft, Martin Grauduszus, dessenVerhältnis zu Schmidt wegen ihrer Gesundheitspolitik ohnehin starkgetrübt ist, sprach prompt von einer «Dienstwagenaffäre» undverlangte deren «vollständige Aufklärung». Einen so scharfen Vorwurfwollte der Bund der Steuerzahler der Ministerin zumindest am Sonntagnoch nicht machen. «Bislang handelt es sich lediglich um einFehlverhalten bei der Organisation», sagte Geschäftsführer ReinerHolznagel der dpa. Sollte sich aber herausstellen, dass solcheFahrten gängige Praxis seien, müsse man genauer darüber nachdenken.So wie bei der Flugbereitschaft seien die Politiker auch bei Fahrtenmit Dienstwagen dazu verpflichtet, immer die wirtschaftlichsteVariante zu wählen.

Unabhängig von der juristischen Bewertung erwuchs nach der erstenDiebstahlsmeldung am Samstag eine Diskussion, die an längstvergessene Affären und Skandälchen erinnert: So geriet 2001 derdamalige Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) wegen derNutzung der Flugbereitschaft für einen Besuch bei seiner FreundinKristina Gräfin auf Mallorca in die Kritik. Zwar musste er erst einknappes Jahr später sein Amt aufgeben, die Affäre beschädigte ihnjedoch nachhaltig. Im selben Jahr musste Finanzminister Hans Eichel(SPD) im Haushaltsausschuss zu zahlreichen Flügen von Berlin insheimische Frankfurt Stellung beziehen. Ohne Folgen blieb 1995 eine«Flugaffäre» für die damalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth(CDU), die mit der Flugbereitschaft auffällig oft in die Schweizgeflogen war, wo ihre Tochter lebte.

Auch wenn das Problem von Ulla Schmidt nicht über den Wolkensondern auf spanischen Straßen liegt, ist das zentrale Problem gleichgelagert: Was ist dienstlich, was ist privat? All diese Fragensollen, wenn es nach der Opposition geht, im Haushaltsausschuss desBundestags Klärung finden. «Ich möchte wissen, für welche TermineFrau Schmidt Dienstwagen und Fahrer in Alicante benötigt hat undwarum es nicht möglich war, dass ihr die BotschaftTransportmöglichkeiten zur Verfügung gestellt hat», sagte derAusschuss-Vorsitzende Otto Fricke (FDP).

Eigentlich hatte sich Schmidt auf drei erholsame Wochen in Spanienvor Beginn des Wahlkampfstresses gefreut. Hier wolle sie lesen, dieSeele baumeln und spazieren gehen, hatte eine Sprecherin vorUrlaubsbeginn auf Anfrage mitgeteilt. Ein dreister Dieb, der Gefallenan ihrem Dienstwagen fand, klaute Schmidt zugleich auch die ersehnteRuhe.