Tat aufgeklärt Sebastian Gemkow: Rechtsextreme verübten vor einem Jahr den Anschlag auf Sachsen Justizminister

Berlin - Tief in der Nacht kracht es mehrmals: Am 24. November 2015 gegen zwei Uhr fliegen sechs schwere Pflastersteine durchs Fenster, dann Weihnachtskugeln, gefüllt mit Buttersäure, hinterher. Es geht sehr schnell, die Täter sind sofort weg. Ein Anschlag auf die Wohnung des sächsischen Justizministers Sebastian Gemkow (CDU) in Leipzig.
Der 38-jährige Politiker, seine Frau und seine beiden kleinen Kinder schlafen tief und fest. Sie überstehen die Steinwürfe unverletzt, aber die kleine Wohnung ist danach verwüstet. Ein Stein hätte auch im Kinderzimmer landen können, sagt der Minister später. „Nur mit sehr viel Glück ist uns nichts passiert.“ Ein Stein habe nämlich nur ganz knapp ein Fenster verfehlt, sonst wäre er im Bett seines wenige Monate alten Sohnes gelandet.
Reihenweise Angriffe auf sächsische Politiker
Gemkow ordnet den Vorfall ein in eine Reihe von Anschlägen nicht nur in der Messestadt. Reihenweise waren seit Jahren in Sachsen Büros von Politikern aller Parteien angegriffen worden. „Es hätte aber auch andere treffen können: Polizisten, Richter, Staatsanwälte. Jetzt bin ich dran gewesen“, sagte Gemkow damals der Zeit.
Schnell gibt es einen Verdacht: „Das reiht sich ein in andere Angriffe in Leipzig aus jüngster Zeit. Da flogen Steine in Gerichtsgebäude, da wurde flüssiger Teer ausgekippt“, sagt Gemkow. Abwegig sind derartige Vermutungen auch nicht: Tatsächlich gab es in Leipzig in den vergangenen Jahren immer wieder gewalttätige Angriffe aus der linksautonomen Szene, sogar gegen Polizeireviere. Im Dezember 2015 wurde 69 Polizisten bei heftigen Krawallen von Linksautonomen verletzt.
„Gewaltspirale Leipzig stoppen. Linksextremisten erobern immer mehr Stadtraum. Stadtpolitik: Nicht wegsehen! Handeln!", forderte schnell der sächsische CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer nach dem Anschlag auf Gemkow. „Ach, Sie wissen schon mehr? Lassen Sie uns doch teilhaben an Ihren Erkenntnissen", wunderte sich die sächsische Linke.
DNA-Spuren führten zu Tätern des Anschlags auf Gemkows Wohnung
Ein Jahr danach sind die mutmaßlichen Täter gefasst, DNA-Spuren am Tatort haben sie verraten. Es sind zwei Rechtsextremisten. Nach einem Bericht von TAG24 ist einer der beiden inzwischen angeklagten Verdächtigen der in Polizei- und Justizkreisen bekannte Rechtsextremist Thomas K. Der 29- Jährige gilt als Gewalttäter und ist in der Hooligan-Szene des Fußballvereins 1.FC Lok Leipzig aktiv.
Im Mai 2008 war er am Überfall vermummter Neonazis auf einen Nachtbus beteiligt, in dem Besucher eines „Courage"-Konzerts saßen. K. wurde dafür zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.
Sebastian Gemkow wurde Opfer einer Verwechslung
Wie sich nun bei den Ermittlungen zum Anschlag auf Gemkow herausstellte, hatten die beiden Rechtsextremisten offensichtlich gar nicht vor, ihn oder seine Familie anzugreifen oder seine Zweieinhalbzimmerwohnung zu demolieren. Gemkow wurde schlicht Opfer einer Verwechslung. Angeblich hatten es die beiden Steinewerfer auf eine linksalternative Wohngemeinschaft im Nachbarhaus des CDU-Politikers abgesehen und sich schlicht und einfach in der Adresse geirrt.
Sollte das wahr sein, kommentierte die Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz, Linke, nun den neuesten Ermittlungsstand, dann „ ist das ein Paukenschlag und ein weiteres peinliches Zeugnis für Sachsens Innenminister." Sowohl Minister Markus Ulbig als auch der sächsische Verfassungsschutz hätten sich früh auf einen „linksextremen Hintergrund" des Anschlages festgelegt, so Köditz. Der Fall hätte eher geklärt werden können, meint die Abgeordnete. „Jedoch folgten Behörden offenbar einer falschen Spur, die ausgerechnet vom sächsischen Verfassungsschutz gelegt wurde."