1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. "Schwarze Null" für 2015: "Schwarze Null" für 2015: Haushaltsausschuss beschließt ersten Etat ohne Schulden

"Schwarze Null" für 2015 "Schwarze Null" für 2015: Haushaltsausschuss beschließt ersten Etat ohne Schulden

Von Markus Sievers 14.11.2014, 06:34

Berlin - Historisch – dieses große Wort fiel am Freitag im Bundestag öfter. Mit sichtlichem Stolz präsentierten die Abgeordneten von Union und SPD ein Ergebnis, das nicht ganz überraschend kommt, aber in der Tat eine Zäsur darstellt. Vom kommenden Jahr an wird der Bund nur noch so viel Geld ausgeben, wie er von den Bürgern einnimmt. Zum ersten Mal seit 1969 benötigt die Regierung keine Kredite, um ihre Rechnungen zu bezahlen. Dies klopfte der Haushaltsausschuss des Bundestages am frühen Morgen fest. „Die Koalition schreibt haushaltspolitische Geschichte“, lobten sich die haushaltspolitischen Sprecher von Union und SPD, Norbert Barthle und Johannes Kahrs, selbst.

14 Stunden lang hatten die Abgeordneten in der Nacht auf Freitag in der sogenannten Bereinigungssitzung den Haushaltsentwurf von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) überarbeitet und an einigen Stellen korrigiert. In vielen kleinen Bereichen strichen sie die Ansätze ein wenig zusammen – etwa beim Betreuungs- und Wohngeld. Sie profitierten von den Niedrigst-Zinsen, von geringeren Zahlungen Deutschlands an die Europäische Union und von der Entscheidung der Regierung, Mehrausgaben etwa für die Mütterrente über die Sozialkassen statt über den Haushalt zu finanzieren. Auf größere Kürzungen konnten die Abgeordneten daher verzichteten und sogar mehrere Posten aufstocken. Mehr Geld gibt es unter anderem für innere Sicherheit, humanitäre Einsätze, Verkehr, Kultur und Hochwasserschutz.

Teuer für den Steuerzahler wird auch die Verlagerung des deutschen Goldes aus dem Ausland in heimische Tresore. Dazu hatte unter anderem der CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler die Bundesbank gedrängt. Weil die teilweise nachgab und Tausende Goldbarren aus den USA und Frankreich nach Frankfurt bringen lässt, braucht sie jetzt mehr Wachleute. Entsprechend genehmigte der Ausschuss über 200 neue Stellen für den Objektschutz bei der Deutschen Bundesbank. Bis 2020 soll mehr als die Hälfte des 3387 Tonnen schweren deutschen Goldschatzes in hiesigen Tresoren lagern.

Trotzdem bestätigten die Parlamentarier das zentrale Ergebnis aus der Vorlage der Regierung: die Schwarze Null. Doch nicht alle mochten in den Jubel der Koalitionäre einstimmen. „Die Schwarze Null hat gewonnen. Aber Deutschland hat verloren“, meinte Roland Claus von der Linkspartei. Er warf Union und SPD, die soziale Spaltung zu zementieren. Von „Trickserei“ sprach der grüne Haushälter Sven Kindler. „Zwar will sich Schäuble 2015 nicht mehr bei den Banken verschulden. Dafür aber nimmt er Schulden bei der Rentenversicherung, den Krankenkassen und bei der Infrastruktur auf“. Die Regierung hatte auch den Zuschuss an den Gesundheitsfonds gekürzt. Dies ist eine Erklärung dafür, dass die meisten gesetzlichen Versicherten im kommenden Jahr Zusatzbeiträge werden leisten müssen.

Auch beim G 20-Gipfel an diesem Wochenende in Australien kann Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht auf Applaus für den Haushalt hoffen. Im Gegenteil rief die US-Regierung Deutschland kurz vor dem Treffen in ungewöhnlich scharfen Worten zu einer Kurskorrektur auf. Andernfalls drohe Europa ein „verlorenes Jahrzehnt“ mit geringem Wachstum, erklärte US-Finanzminister Jack Lew. Es sei entscheidend für die Eurozone, dass Länder mit hohen Handelsüberschüssen und finanziellen Spielräumen die Nachfrage erhöhten, erklärte Lew. Schäuble hat angekündigt, die Investitionen im Zeitraum 2016 bis 2018 um insgesamt zehn Milliarden Euro zu erhöhen. Dies reiche nicht und sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein, bemängelte auch die deutsche Opposition. Die Infrastruktur verfalle, betonte der grüne Abgeordnete Kindler. „Hinter der schillernden Fassade bröckelt es gewaltig“.

Bestätigt fühlen können sich die Kritiker der Schwarzen Null durch aktuelle Konjunkturdaten. Nur haarscharf schrammte Deutschland nach neuen Zahlen des Statistischen Bundesamtes an einer Rezession mit zwei Quartalen ohne Wachstum vorbei. Zwischen Juli und September stieg das Bruttoinlandsprodukt dank des kräftigen Konsums um 0,1 Prozent. In den drei Monaten zuvor war es mit derselben Rate geschrumpft. Insgesamt habe sich die deutsche Wirtschaft in einem schwierigen weltwirtschaftlichen Umfeld als stabil erwiesen, stellte das Statistische Bundesamt fest.

Während die Investitionen das Wachstum weiter bremsten, schob der Außenhandel wieder die Konjunktur an. Ein Grund dafür dürfte sein, dass der schwache Euro beziehungsweise der starke Dollar den Firmen helfen, auf den Auslandsmärkten ihre Produkte billiger anzubieten.