Krieg „Drecksarbeit“: Kritik an Merz-Zitat zu Iran
Friedrich Merz sorgt immer mal wieder mit Interview-Aussagen für Wirbel. Diesmal ist es besonders ein Wort des Kanzlers, das Anstoß erregt - zu einem heiklen Zeitpunkt der Weltpolitik.

Berlin - „Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle“: Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat mit Äußerungen zum israelischen Angriff auf den Iran Kritik ausgelöst - auch beim Koalitionspartner SPD. „Diese Wortwahl hat in der SPD-Fraktion für Irritation gesorgt“, sagte Außenpolitiker Adis Ahmetović dem Portal „ZDFheute.de“. Heftiger Widerspruch kam auch von Grünen, Linken und vom Bündnis Sahra Wagenknecht.
Der Kanzler sieht sich in den Reaktionen dagegen bestätigt. „Diese Aussage hat überwiegend Zustimmung bekommen“, sagte Merz in Berlin. Es habe nur wenige kritische Stimmen gegeben, dazu wolle er sich nicht äußern.
Merz' Kritiker beziehen sich auf eine Formulierung in einem ZDF-Interview am Rande des G7-Gipfels in Kanada. Moderatorin Diana Zimmermann benutzte das Wort „Drecksarbeit“ in ihrer Frage, und Merz griff es auf: „Frau Zimmermann, ich bin Ihnen dankbar für den Begriff Drecksarbeit. Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle. Wir sind von diesem Regime auch betroffen. Dieses Mullah-Regime hat Tod und Zerstörung über die Welt gebracht.“ Merz äußerte zudem „größten Respekt“, dass die israelische Armee beziehungsweise Staatsführung „den Mut dazu gehabt hat, das zu machen.“
SPD-Politiker nennt Äußerung befremdlich
SPD-Politiker Ahmetović, außenpolitischer Sprecher seiner Fraktion, ging auf Distanz: „Das oberste Ziel in dieser hochsensiblen Situation lautet Deeskalation. Die Tonalität des Bundeskanzlers ist an dieser Stelle wenig zielführend.“ Sein SPD-Fraktionskollege Ralf Stegner sagte dem „Spiegel“: „Wenn der Bundeskanzler sagt, Israel mache im Iran die Drecksarbeit für uns, ist das mehr als befremdlich.“
Grüne sehen „ignorante Kommentierungen“
Die Opposition äußerte sich noch deutlicher. Die Berichterstatterin der Grünen-Fraktion für den Nahen Osten und Iran, Luise Amtsberg, kritisierte sowohl die Wortwahl als auch den Inhalt von Merz' Aussage. Sie sagte: „Statt zynischer und ignoranter Kommentierungen durch den Bundeskanzler erwarte ich von der Bundesregierung, dass sie in dieser angespannten Lage alles unternimmt, um zu deeskalieren.“
Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter sagte dem Sender Welt TV: „Ich halte die Wortwahl für ungeschickt.“ Im Iran seien 80 bis 90 Prozent der Menschen gegen das islamistische Regime – „und bei den Angriffen Israels auf den Iran sterben auch Zivilisten“.
Pellmann: „Ein Skandal“
Linken-Fraktionschef Sören Pellmann kritisierte: „Dass Kanzler Merz jetzt das Völkerrecht über Bord wirft und in die verheerende Logik eines "Rechts des Stärkeren" einstimmt, ist ein Skandal und beschädigt Deutschlands Ansehen bei den Vereinten Nationen und darüber hinaus massiv.“
Merz' Äußerungen seien eine Absage an rechtsstaatliche und internationale Normen. „Den meisten von uns dürfte noch nicht klar sein, wo das enden kann“, sagte Pellmann der dpa.
AfD: „Pietätlos und schädlich für Deutschlands Ansehen“
Die AfD nannte Merz' Äußerung „pietätlos und schädlich für Deutschlands Ansehen“. „Aktiv zum Krieg beizutragen, ist nicht im Interesse Deutschlands und Europas“, erklärten die Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla. „Europas Politiker müssen ihre Bürger vor negativen Auswirkungen des Nahostkonflikts wie Migrationsbewegungen oder Anschlägen schützen und diplomatisch zur Friedensfindung beitragen.“
BSW: „Mehr Doppelmoral geht nicht“
BSW-Chefin Sahra Wagenknecht sprach von einer Entgleisung sondergleichen. Merz „legitimiert in unverfrorener Weise einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, dem bereits Hunderte Zivilisten im Iran zum Opfer gefallen sind“, sagte Wagenknecht. Das sei ein Bruch mit der Tradition der außenpolitischen Mäßigung.
Fassungslosigkeit in der deutsch-iranischen Community
In der deutsch-iranischen Community lösten Merz' Aussagen Fassungslosigkeit aus. „Herr Merz, SIE sind von diesem Regime überhaupt nicht betroffen. Betroffen sind zuallererst 80 Millionen Menschen im Iran, die seit 46 Jahren unter der tödlichen Unterdrückung dieses Regimes leben müssen“, schrieb die Journalistin Gilda Sahebi auf Instagram. Nicht die israelische Regierung mache die „Drecksarbeit“, das täten die vielen Menschen, die sich den Machthabern widersetzten. „Auf diese Menschen hagelt es im Übrigen gerade Bomben.“