Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein: Torge Schmidt ist Spitzenkandidat der Piraten

Hamburg/AFP. - Der sportliche junge Mann mit dem kurzen Kinnbart ist das Gesicht der Piraten, die am Sonntag auch im Norden in den Landtag einziehen wollen. Schmidt macht der Höhenflug seiner Partei, der er seit drei Jahren angehört, keine Sorgen. „Nö. Das ist eine Herausforderung“, sagte er jüngst.
Dass die etablierten Parteien den Piraten in Schleswig-Holstein wie im Bund fehlende Inhalte und politische Beliebigkeit vorwerfen, findet Schmidt „ein bisschen schade“. Der gelernte Kaufmann aus dem kleinen Ort Büdelsdorf bei Rendsburg, der an einer Fern-Uni Wirtschaftsinformatik studiert, verweist auf die Kompetenz, die die Piraten in den Bereichen Bürgerrechte, Netzpolitik und Transparenz politischer Prozesse hätten. Für Schmidt sind das die Kernthemen der Partei.
Den Weg zu den Piraten fand der American-Football-Fan, der früher selbst aktiver Spieler war, einst durch die Auseinandersetzungen um die staatliche Vorratsdatenspeicherung. Damals habe er sich entschieden, aktiv zu werden, um gegen „Fehlentscheidungen in der Netzpolitik“ vorzugehen. Dass er bei den Piraten landete, lag aber auch in der Familie: Sein Stiefvater gehört seit 2007 zu den schleswig-holsteinischen Piraten. Schmidts Mutter ist dort ebenfalls aktiv.Alle drei stehen auf der Kandidatenliste für die Landtagswahl - und könnten künftig miteinander im Parlament sitzen. Neun Prozent erreichten die Piraten in den neuesten Umfragen, würden die Fünf-Prozent-Hürde also locker überspringen. Offenbar ist es den Nord-Piraten auch im ländlich geprägten Schleswig-Holstein gelungen, sich ein beachtliches Sympathisantenpotenzial zu erschließen.
Für den selbstbewussten Schmidt ist das keine Überraschung. Dass Themen wie Transparenz und Bürgerbeteiligung nur Metropolenbewohner umtreiben, glaubt er nicht. „Das interessiert eigentlich jeden Menschen, auch den Landwirt vor Ort.“ Ihren Wahlkampf konzentrierten die Piraten in Schleswig-Holstein auf Dörfer und Kleinstädte, wobei ihnen zugute kam, dass sie in der Fläche durchaus verankert sind und in ihren Reihen nicht nur typische Computerexperten sitzen. Auf Platz zwei ihrer Kandidatenliste steht Wolfgang Dudda, ein 54-jähriger Zollbeamter.
Turnschuh-Träger Schmidt, der schon in seiner Kindheit ein begeisterter Computerbastler war und bis heute gern Zeit bei Strategie- und Rollenspielen am Rechner verbringt, will die Piraten als professionelle und ernstzunehmende Partei etablieren. Dabei setzt er auch auf Experten wie Patrick Breyer, einen Juristen von der schleswig-holsteinischen Westküste, der sich bundesweit einen Namen als Mitorganisator der erfolgreichen Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung machte. Er kandidiert auf Platz vier der Landesliste.
In der jüngsten Debatte um etwaige rechtsextremistische Mitglieder setzte Schmidt klar auf Abgrenzung. Nach dem Bundesparteitag in Neumünster, bei dem die gesamte Partei sich von derartigen Gedankengut distanzierte, sprach er von „irrlichternden Individuen, welche die Offenheit der Partei für ihre Zweck ausnutzen wollen“.
Den aller Voraussicht nach zu erwartenden Einzug in den Kieler Landtag sieht Schmidt als gute Gelegenheit, das Erscheinungsbild seiner noch jungen Partei zu schärfen. „Die Piraten sind Newcomer in der Parteienszene und müssen sich erst einmal etablieren“, sagte der Kandidat kürzlich. Ein klareres Profil könnten er und seine Partei sich langfristig nur dadurch erarbeiten, „dass wir tatsächlich in Parlamenten sind - und wir zeigen, was für Politik wir täglich machen“.