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Russland Russland: Bestürzung nach Ermordung von Politiker

18.04.2003, 13:53
Aussprache im Parlament nach Ermordung eines Abgeordneten. (Foto: dpa)
Aussprache im Parlament nach Ermordung eines Abgeordneten. (Foto: dpa) EPA

Moskau/dpa. - Die Ermordung des liberalen russischen Oppositionspolitikers Sergej Juschenkow (52) in Moskau hat im Land Trauer und Bestürzung ausgelöst. «Es ist ein Mensch ermordet worden, der die Verteidigung der demokratischen Freiheiten und Ideale als seine Pflicht betrachtete», schrieb Präsident Wladimir Putin in einem am Freitag verbreiteten Beileidstelegramm. Kommunistische Abgeordnete forderten Putin auf, das Verbrechen im Lande wirkungsvoller zu bekämpfen.

Ein unbekannter Täter hatte Juschenkow am Donnerstagabend vor dessen Wohnhaus im Nordwesten Moskaus mit einer Pistole erschossen. Wenige Stunden zuvor war Juschenkows Partei Liberales Russland zu den Parlamentswahlen im Dezember zugelassen worden. Parteifreunde des Opfers sprachen von einem Mord aus politischen Motiven. Die Partei «Liberales Russland» hat nach Einschätzung von Beobachtern wenig Chancen, in das neue Parlament einzuziehen.

Die Polizei ermittelte, ob Juschenkow vor seinem Tode in politische oder wirtschaftliche Auseinandersetzungen verwickelt war. Auch die Tat eines Geistesgestörten könne nicht ausgeschlossen werden, sagte der Moskauer Generalstaatsanwalt Michail Awdjukow. Juschenkow hatte zuletzt Putins Umorganisation des Machtapparates als «Wiederaufbau des sowjetischen Geheimdienstes KGB» kritisiert.

Die Staatsduma gedachte am Freitag mit einer Schweigeminute des Toten. Der Parlamentsvorsitzende Gennadi Selesnjow forderte die Spitzen der Polizei, des Inlandsgeheimdienstes und die Generalstaatsanwaltschaft auf, vor dem Parlament Rechenschaft über ihre Arbeit abzulegen. Kaum ein Auftragsmord sei in der Vergangenheit aufgeklärt worden, kritisierte Selesnjow.

Im vergangenen Sommer war Juschenkows Parteifreund Wladimir Golowljow ebenfalls auf offener Straße erschossen worden. Seit 1994 sind insgesamt zehn Abgeordnete des russischen Parlaments Auftragsmorden zum Opfer gefallen.

Juschenkow hatte erst kürzlich seine Zusammenarbeit mit dem bei Putin in Ungnade gefallenen Oligarchen Boris Beresowski beendet. In einer ersten Reaktion brachte der in London lebende Beresowski den Kreml mit dem Verbrechen in Verbindung.