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Nach Putin-Ankündigung Reaktionen auf Teilmobilmachung: „Zeichen der Schwäche“

Putins Ankündigung einer Teilmobilmachung wird von der Bundesregierung, Koalitionspolitikern und von Vertretern anderer Parteien als Zeichen der Schwäche, Verzweiflungstat aber auch als neue Eskalation bewertet.

Von dpa Aktualisiert: 21.09.2022, 14:39
Bundeskanzler Olaf Scholz in der SPD-Parteizentrale.
Bundeskanzler Olaf Scholz in der SPD-Parteizentrale. Kay Nietfeld/dpa

Berlin - Die Anordnung einer Teilmobilmachung in Russland mit der geplanten Einziehung von 300.000 Reservisten wird von Regierungs- und Außenpolitikern in Deutschland vorrangig als „Zeichen der Schwäche“ gedeutet. Zugleich wurden am Mittwoch Sorgen vor einer weitere Eskalation laut.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe die Äußerungen von Russlands Präsident Wladimir Putin zur Kenntnis genommen, sagte ein Regierungssprecher am Mittwoch in Berlin und zitierte den Kanzler mit den Worten: „Das alles kann man sich nur erklären vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der russische Angriff auf die Ukraine nicht erfolgreich verlaufen ist.“

Putin habe seine Truppen umgruppieren müssen, sich von Kiew zurückziehen müssen und auch im Osten der Ukraine nicht den gewünschten Erfolg erzielt, sagte der Sprecher. „Das ist ein sichtbares Zeichen dafür, dass die Ukraine sehr wirksam ist bei der Verteidigung der eigenen Integrität und Souveränität, nicht zuletzt auch wegen der massiven und großen Unterstützung aus vielen Ländern der Welt, ganz besonders auch aus Deutschland.“

In einer Fernsehansprache hatte der russische Präsident eine Teilmobilmachung der eigenen Streitkräfte angeordnet. Zuvor hatte die ukrainische Armee die russischen Truppen in der Ukraine in den vergangenen Tagen teils stark zurückgedrängt.

Weitere Unterstützung der Ukraine gefordert

FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner sprach am von einem „Zeichen der Schwäche“. „Die Ukraine lässt sich davon nicht einschüchtern und wir sollten es auch nicht tun“, sagte Lindner in Berlin. Die Teilmobilmachung zeige aber, dass man es mit einem noch lange dauernden Konflikt zu tun habe. Lindner sprach davon, die Ukraine dauerhaft zu unterstützen.

Auch die SPD im Bundestag bewertete den Schritt Russlands als „Zeichen der Schwäche“. „Aber es ist auch eine neue Eskalation“, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion, Katja Mast. Die Teilmobilmachung zeige, dass Putin gewillt sei, auch weitere Schritte zu gehen. Deshalb müsse die Unterstützung der Ukraine ohne Nachlassen weitergehen.

Der FDP-Verteidigungspolitiker Ulrich Lechte sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Nun greift langsam aber sicher die Verzweiflung bei Wladimir Putin und dem Verteidigungsministerium um sich“. Die Anordnung mache deutlich, dass Russland bei seinem Angriffskrieg offenbar erhebliche militärische Verluste zu verzeichnen habe. „Eine weitere Eskalation ist unter diesen Umständen denkbar - ungeachtet dessen müssen und werden wir weiterhin fest an der Seite der Ukraine stehen.“

Unionsfraktionsvize Johann Wadephul (CDU) sagte, dass Putin endgültig die Maske fallen lasse. „Die Ukraine hat die Möglichkeit, das eigene Land erfolgreich zu verteidigen und von Russland besetzte Gebiete zu befreien.“ Doch dafür brauche es mehr als zuletzt substanzielle Unterstützung der internationalen Staatengemeinschaft in Form von schweren Waffen. „Es ist höchste Zeit, dass Deutschland endlich den entscheidenden Schritt geht und Kampf- und Schützenpanzer westlicher Bauart liefert“, sagte Wadephul laut Mitteilung.

Chrupalla: „Der Dritte Weltkrieg droht“

Sara Nanni, Obfrau der Grünen im Verteidigungsausschuss, sieht Russland „unter Druck“. Die Teilmobilmachung zeige aber auch: „Präsident Putin wird nicht von seinem Plan absehen, sich die Ukraine einzuverleiben. Entsprechend muss spätestens jetzt allen klar sein, dass die Unterstützung der Ukraine gegen die russische Aggression kein Staffellauf sondern ein Triathlon ist. Auf die nächsten Tage blicke ich mit großer Sorge“, sagte sie „t-online“.

AfD-Co-Chef Tino Chrupalla warnte: „Der Dritte Weltkrieg droht, und Deutschland wäre wegen der Eskalationsstrategie der Ampel direkte Kriegspartei.“ Waffenlieferungen an die Ukraine führten zur Eskalation und zögen Deutschland in den Krieg hinein. Die Bundesregierung müsse sich für Friedensverhandlungen einsetzen „und eine atomare Konfrontation abwenden.“ Deutschland habe im Ukraine-Krieg nichts zu gewinnen, „aber alles zu verlieren.“

Die Co-Parteichefin der Linken, Janine Wissler, forderte eine Aufnahme von Flüchtlingen aus Russland. „Menschen, die jetzt aus Russland fliehen, weil sie den Krieg ablehnen und nicht als Reservisten eingezogen werden wollen, brauchen Schutz und Asyl. Deutschland muss schnelle und unkomplizierte Aufnahmemöglichkeiten garantieren“, sagte sie „t-online“. Menschenleben würden immer mehr zum „Verschleißmaterial eines verbrecherischen Krieges Putins“.