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Rauchverbot Rauchverbot: Dicke Luft unter dem Heizpilz

Von Constanze Weiske 30.12.2007, 21:06

Halle/MZ. - Vor manchen Gaststätten könnte sich den Hallensern schon bald ein ungewohntes Bild bieten: Um einen etwa zwei Meter großen glühenden Pilz schart sich ein halbes Dutzend Gäste - in der einen Hand ein Glas Bier, in der anderen eine glühende Zigarette. Nach dem letzten Zug geht es dann wieder hinein an die Theke.

"Um Rauchern etwas Komfort zu bieten, werden wir ihnen bei Bedarf einen Heizpilz vor die Tür stellen", sagt Cathleen Woitschach von der Cafébar Emily in der halleschen Kleinen Ulrichstraße, in der sich Gaststätte an Gaststätte reiht. Zwei Strahler wurden bereits genutzt, beispielsweise beim Glühweinverkauf auf dem Freisitz in den Wochen vor Weihnachten. Zwei weitere sollen laut Woitschach hinzukommen für den Fall, dass die rauchende Kundschaft dies wünscht.

Weniger Umsatz

Das könnte kein Einzelfall bleiben. Denn das Nichtraucherschutzgesetz von Sachsen-Anhalt, das ab Mitternacht gilt, erlaubt das Qualmen in Gaststätten nur dort, wo mehrere Räume zur Verfügung stehen (Siehe: "Verbote und erste Klagen"). Viele Betreiber von Eiscafés, Restaurants, Eckkneipen und Bars, die keinen abgegrenzten Raucherbereich einrichten können, sehen sich benachteiligt. "Mit den Rauchern drohen die umsatzstärksten Gäste verloren zu gehen", befürchtet etwa die Leiterin der Utwentysix-GmbH Annekathrin Kriesel. "Und keiner in Halle kann es sich leisten, Gäste zu verlieren", betont Kriesel, die mehrere gastronomische Einrichtungen betreibt.

Drohende Umsatzeinbußen machen erfinderisch - und so denken Gastwirte eben auch über den verstärkten Einsatz der Heizpilze nach, um die qualmende Kundschaft in der kalten Jahreszeit vor der Tür halbwegs bei Laune zu halten. Die Propangasstrahler stoßen allerdings pro Stunde bis zu 3,5 Kilogramm Kohlendioxid aus, das entspricht etwa der Ökobilanz von 25 Kilometern Autofahrt. Für Umweltschützer sind die Heizgeräte daher vor allem eines - Giftpilze für das Klima. "Bei einer durchschnittlichen Betriebsdauer von 36 Stunden in der Woche setzt ein einziger Strahler bis zu vier Tonnen Kohlendioxid im Jahr frei", sagt Greenpeace-Sprecher Jan Haase. Das entspreche dem jährlichen Verbrauch eines Mittelklassewagens. "Wärmepilze sind Dinge, die die Welt nicht braucht, zumal es vernünftige Alternativen gibt, wie die klassische Wolldecke", sagt der Umweltschützer. "Das bringt wenig. Decken erzielen nun einmal nicht den Heizstrahleffekt", hält Kenan Kutmann von der Utwentysix-GmbH dagegen.

Die Stadt Hamburg hat auf die starken Bedenken der Umweltschützer bereits reagiert. Im Stadtteil Eimsbüttel sind die energiefressenden Strahler inzwischen gänzlich aus dem öffentlichen Raum verbannt. "Ein einziger Wärmepilz kann ein ganzes Einfamilienhaus beheizen", erklärt der Bezirksdezernent für Wirtschaft, Bauen und Umwelt, Reinhard Buff. Auch in der Kölner Altstadt wurden die Heizstrahler komplett aus dem Stadtbild entfernt, in erster Linie allerdings aus ästhetischen Gründen. In Berlin war ein entsprechender Antrag der Grünen im Abgeordnetenhaus hingegen gescheitert.

Die Gastwirte in Halle werden auf die Heizer zunächst nicht verzichten müssen. Über ein Verbot denke die Stadt zumindest derzeit noch nicht nach, erklärt Stadtsprecher Steffen Drenkelfuß.

Rauchen im Bauwagen

Und wie reagieren Raucher? Daniel und Stefanie Kamjunke gehen in Halle schon jetzt und ganz freiwillig zum Rauchen nach draußen. "Ob ich daheim auf dem Balkon oder vor der Kneipe rauche - das macht keinen Unterschied", sagt die 27-Jährige. Bei eisigen Temperaturen wäre ein Heizstrahler zwar schön, dick angezogen gehe es aber auch. Heizstrahler müssen nicht sein, findet die 25-jährige Annika Stöver. "Ich kann nicht rauchen und zusätzlich noch mit dem Heizstrahler die Umwelt belasten", sagt die Marketing-Assistentin.

Zum Wärmepilz kenne sie außerdem eine gute, wenn auch ungewöhnliche Alternative aus ihrer Heimat, wo das Rauchen in Gaststätten und Kneipen bereits seit einigen Monaten untersagt ist. "In Niedersachsen haben Wirte für die Raucher einen alten Bauwagen ausgebaut und aufgestellt."