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Prozess um Folterdrohungen Prozess um Folterdrohungen: Verteidigung fordert Freispruch für Polizei-Vize Daschner

16.12.2004, 13:12

Frankfurt/Main/dpa. - Im Prozess um die Gewaltdrohung der Polizeiim Mordfall Jakob von Metzler hat die Verteidigung am Donnerstageinen Freispruch für den angeklagten Frankfurter Polizei-Vizepräsidenten Wolfgang Daschner gefordert. Daschner habe in einerverzweifelten Situation der Menschenwürde eines unschuldigen Kindesden Vorrang gegeben vor der des Täters Magnus Gäfgen, sagteVerteidiger Eckart Hild in seinem Plädoyer. Der 61-Jährige sei heuteein «gebrochener Mann», der durch die von ihm ausgelösteFolterdebatte bereits genug bestraft sei.

Die Staatsanwaltschaft hatte für Daschner und einen mitangeklagtenPolizeibeamten Geldstrafen auf Bewährung beantragt. Damit blieb siedeutlich unter dem Regelstrafrahmen für das angeklagte Delikt derschweren Nötigung. Das Gericht will sein Urteil am Montag sprechen.

Die Anwälte verlangten vor dem Frankfurter Landgericht ebensoFreispruch für den mitangeklagten Hauptkommissar, der auf DaschnersWeisung den Entführer des Bankierssohns mit Gewalt bedroht hatte.Erst nach der Androhung von Schmerzen hatte Gäfgen am 1. Oktober 2002das Versteck seines elf Jahre alten Opfers verraten. Doch Jakob vonMetzler war zu diesem Zeitpunkt schon tot.

Gäfgens Recht auf körperliche Unversehrtheit sei mit der vonDaschner veranlassten Vorbereitung einer Befragung unter«unmittelbarem Zwang» nur theoretisch und in Teilen bedroht gewesen.Mit jeder anderen Entscheidung hätte sich Daschner strafbar gemacht.

Hild schilderte den ins Wiesbadener Innenministerium abgeordnetenVize-Polizeichef als kranken und gebrochenen Mann, dessen Lebenswerkseit der öffentlichen Diskussion seines Vorgehens zerstört sei. Nach42 unbescholtenen Dienstjahren habe Daschner nur noch einDisziplinarverfahren zu erwarten. «Er steht jetzt vor dem Ende. KeineReputation mehr, nichts mehr. (...) Er ist bestraft genug.»

In einer emotionalen Schlussbemerkung griff Hild den zulebenslanger Haft verurteilten Kindermörder Gäfgen an, der mit seinerkaltblütigen Zeugenaussage im Prozess eine «gespenstische Situation»hervorgerufen habe. Mit seiner «narzisstischen Grundhaltung» habe ersich in eine Opferrolle geflüchtet, um sich der Verantwortung fürseine schreckliche Tat zu entziehen. Hild appellierte an die Richter:«Lassen sie nicht zu, dass die Menschenwürde Jakob von Metzlers undseiner Familie weiter angetastet wird durch die durchsichtigeStrategie eines Mörders, aus einem Fall Gäfgen einen Fall Daschner zumachen.»

Daschners alleiniges Motiv sei die Rettung des Jungen gewesen, vondem er annehmen musste, dass er noch lebte. Selbst für denlangjährigen Polizeiführer sei es eine erstmalige und einmaligeSituation gewesen, die von Müdigkeit, Anspannung und Verzweiflunggeprägt gewesen sei. Für sein Vorgehen habe er zuvor Zustimmung ausdem hessischen Innenministerium erhalten. «Herr Daschner war derfesten Überzeugung, dass sein Verhalten zwingend notwendig undrechtmäßig oder zumindest gerechtfertigt war.» Sollte das Gericht zueiner anderen Einschätzung kommen, müsse es dem Angeklagten einen«Verbotsirrtum» zugestehen und auf eine Strafe verzichten.