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Prozess um Entschädigungen Prozess um Entschädigungen: Kinder ermordeter Juden klagen gegen Claims Conference

06.04.2005, 06:57

Frankfurt/Main/dpa. - Dass die damals versteckten Kinder heute leer ausgehen sollen,liegt nach den Worten der JCC-Juristin Christiane Reeh an demUmstand, dass es in Amsterdam unter der deutschen Besatzung nie eingeschlossenes Getto gegeben habe. Wer in Gettos oder Lagernfestgehalten wurde, hat nach den Vorgaben des Stiftungsgesetzesautomatisch Anspruch auf die Entschädigung als Zwangsarbeiter. Diestreffe auf die Kläger aber nicht zu: Die von den Juden bewohnteGrachten-Insel sei zwar bei Nazi-Razzien abgeriegelt worden, sagtReeh, «aber sonst waren die Brücken immer runtergelassen.»

Der Kläger-Anwalt Frank Joachim Mayer sieht die Situation imKriegs-Amsterdam ganz anders. Schon die besondere geographische Lagedes Juden-Viertels «Transvaal» und seine tatsächliche Nutzungsprächen dafür, dass es sich eindeutig um ein Getto gehandelt habe.Seine Mandanten hätten demnach Anspruch auf die individuellenEntschädigungen von bis zu 8000 Euro. Zudem sei die Situation derversteckten Kinder durchaus mit der ihrer Altersgenossen in denLagern oder Heimen vergleichbar. Auch sie seien medizinisch nichtversorgt, schlecht ernährt und unmenschlich untergebracht gewesen.

Zudem habe die JCC Entschädigungen an Menschen ausgezahlt, derenVerfolgungssituation exakt der der Kläger entspreche, sagt AnwaltMayer. Im Fall seiner Mandantin Betty Knoop habe sogar ihr lediglichin einer anderen Familie versteckter Zwillingsbruder Geld erhalten.Reeh beharrt dagegen: «Es gehört zur Tragik des Stiftungsgesetzes,dass es die versteckten Kinder nicht umfasst.» Ein Versteck in einerFamilie sei eben nicht als «Haftstätte» anzusehen, und die Freiheitsei den Kindern auch nicht entzogen worden. Irrtümlich gezahlteEntschädigungen werde die JCC zurückverlangen, kündigte Reeh an.

Bei der Bundesstiftung «Erinnerung, Verantwortung und Zukunft» inBerlin sieht man der Klage gegen die Partnerorganisation gelassenentgegen. Die Stiftung sei international als geeignet anerkanntworden, um die Ansprüche der früheren Zwangsarbeiter zu regeln, sagtStiftungssprecher Kai Hennig. Die Ansprüche der Kläger sind zudem iminternen Beschwerdeverfahren von einem israelischen Rabbi abgelehntworden, wie das Verwaltungsgericht mitteilte.

Dass sie nicht die Stiftung direkt verklagt haben, liegt anfrüheren Urteilen deutscher Gerichte. Das Bundesverfassungsgerichthat das Stiftungsgesetz bereits mehrfach als verfassungskonformbezeichnet. Das Verwaltungsgericht Berlin hat die Klagenitalienischer Kriegsgefangener auf Entschädigungen abgelehnt. Auchvor dem Frankfurter Gericht steht zunächst die Frage zur Debatte, obdie Entscheidungen der Stiftung und ihrer Partner überhaupt von denGerichten überprüft werden können.