Netanjahu hält Grundsatzrede über Außenpolitik
Tel Aviv/dpa. - Der rechtsorientierte israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu will am Abend in einer mit Spannung erwarteten Grundsatzrede seine Vorstellungen zur Lösung des Nahost-Konflikts darlegen.
Israelische Medien berichteten unter Berufung auf Vertraute Netanjahus, der 59-jährige Likud-Chef werde den internationalen Friedensplan Road Map mit Einschränkungen anerkennen. Dieser sieht unter anderem die Gründung eines Palästinenser-Staates vor. Es wird zudem erwartet, dass er von den Palästinensern eine Anerkennung Israels als jüdischer Staat fordern wird. Netanjahu selbst wollte sich nicht zum Inhalt seiner Rede äußern.
Der Ministerpräsident hatte sich am Samstag mit Staatspräsident Schimon Peres über die Grundzüge der Rede beraten, die israelische Medien am Sonntag als die «Rede seines Lebens» einstuften. Die Ansprache vor etwa 300 Zuhörern in der Bar-Ilan-Universität bei Tel Aviv ist als Antwort auf die Grundsatzrede von US-Präsident Barack Obama vor zehn Tagen in Kairo gedacht.
Es wird jedoch nicht damit gerechnet, dass Netanjahu in seiner knapp halbstündigen Ansprache einen vollständigen Siedlungsstopp verkünden wird, wie Obama dies gefordert hatte. Netanjahu wolle aus Sicherheitserwägungen einem palästinensischen Staat auch keine eigene Armee zugestehen, hieß es. Der Regierungschef steht unter starkem Druck seiner rechtsorientierten und siedlerfreundlichen Koalitionspartner, die einen Palästinenserstaat und einen Siedlungsstopp strikt ablehnen.
Der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter sagte am Sonntag nach einem Besuch der Siedlung Gusch Etzion im Westjordanland, er könne sich vorstellen, dass manche Siedlungen in dem derzeit besetzten Gebiet wohl auf ewig als Teil Israels bleiben könnten. Frühere israelische Regierungen hatten eine Reihe großer Siedlungsblöcke als Sicherheitszone für Israel beansprucht.
Es wird erwartet, dass Netanjahu eine Teilung Jerusalems auch im Rahmen einer Friedensregelung ausschließen wird. Der Regierungschef werde voraussichtlich erklären, dass Jerusalem die ewige Hauptstadt des jüdischen Volkes sei.
Netanjahu wolle den Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas zur umgehenden Wiederaufnahme von Friedensgesprächen aufrufen. Er werde zudem sein Streben nach einer regionalen Friedenslösung mit den arabischen Staaten deutlich machen. Insbesondere angesichts der Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad will er sich den Angaben zufolge ausführlich zu den Bedrohungen durch das iranische Atomprogramm äußern.
Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat sagte am Sonntag, die Autonomiebehörde erwarte von Netanjahu ein Bekenntnis zu dem Nahost-Friedensplan Road Map. «Diese Verpflichtungen sind verknüpft mit einer Anerkennung des Grundsatzes von zwei Staaten, aller unterzeichneten Friedensvereinbarungen und einem Stopp aller Siedlungsaktivitäten, einschließlich des natürlichen Wachstums», sagte Erekat. «Wenn Israel wirklich an einer Wiederaufnahme des Friedensprozesses interessiert ist (...), muss es auch die Blockade des Gazastreifens aufheben», sagte Erekat. Netanjahu dürfe nicht versuchen, durch Wortspielereien seinen Verpflichtungen zu entgehen, erklärte er.
Ein Sprecher der im Gazastreifen herrschenden Hamas-Bewegung äußerte sich am Sonntag überzeugt, Netanjahu werde versuchen, die Welt an der Nase herumzuführen. «Die Rede wird dem Programm seiner Regierung widersprechen», sagte Fausi Barhum in Gaza. Er rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, «ihre Positionen nicht zu verändern, nachdem sie Netanjahus in die Irre führende Rede gehört haben».
Unterdessen reiste der ultrarechte israelische Außenminister Avigdor Lieberman zu politischen Gesprächen nach Europa, in die USA und nach Kanada. Das israelische Außenministerium in Jerusalem teilte am Sonntag mit, Lieberman werde zunächst zu dem EU- Außenministertreffen in Luxemburg reisen, das am Montag beginnt. Es seien auch bilaterale Gespräche mit mehreren Amtskollegen, darunter den Außenministern Polens, Italiens, Tschechiens, Schwedens und Dänemarks geplant. Lieberman werde auch den NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer sowie EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner treffen, hieß es. Lieberman gilt als einer der wichtigsten Repräsentanten der Siedler-Lobby in Israel.