Montenegro und Kosovo Montenegro und Kosovo: Der Euro ist da, die EU in weiter Ferne

Belgrad/dpa. - Doch in den beiden Nachbarregionen ist der Euro seitlangem offizielle Währung, obwohl praktisch kein einziges derMaastrichtkriterien wie niedrige Inflation und Staatsverschuldungerfüllt wird. Die EU-Finanzminister haben in dieser Woche Montenegroan den Pranger gestellt: Das Balkanland verstoße mit der einseitigen«Euroisierung» gegen den EU-Vertrag.
Die Behörden reagierten auf diese überraschende Kritik ebensoüberraschend gelassen. «Die Aufgabe des Euro als offiziellesZahlungsmittel kommt nicht in Frage», ließ MontenegrosZentralbankchef Ljubisa Krgovic keinen Zweifel. Das sei «absolutunmöglich». Schließlich habe der 2002 einseitig eingeführte Euro «zurStabilität und zur Wiederherstellung des Vertrauens in dasBankensystem beigetragen». Auch die Vizeregierungschefin GordanaDjurovic sah in der Rüge der EU-Finanzminister «kein Problem».
Montenegro hatte 1999 mit nie öffentlich eingeräumter HilfeDeutschlands die D-Mark eingeführt. Das war eine klare politischeEntscheidung, weil damit der kleine Staat gegen den übermächtigen«Bruder» Serbien und seinen Autokraten Slobodan Milosevic gestärktwerden sollte. Als der Euro das Licht der Welt erblickte, wurde dieDM zu seinen Gunsten aufgegeben. Intern soll Frankreich damals wieheute gegen diese Ausweitung der Euro-Zone in EntwicklungsländernFront gemacht haben. Mit der jüngsten Kritik der EU-Finanzministerhabe man Paris entgegenkommen wollen, heißt es hinter vorgehaltenerHand.
Montenegro kauft wie auch das von den Vereinten Nationenverwaltete Kosovo bei westeuropäischen Geschäftsbanken den Euro gegenandere Fremdwährungen, erläutern Bankenkreise in Frankfurt. Dass «80Prozent des Hartgeldes deutsche Symbole tragen», lässt auf dengenaueren Einkaufsort schließen. «Wir können nichts dagegen tun»,verweisen Euro-Banker auf die so genannte «Dollarisierung» inMittelamerika als ähnliches Problem. Zwar bekämen die Länder durchdie einseitige Einführung von Euro oder Dollar ein stabilesZahlungsmittel, verzichteten damit aber auf jeden Einfluss in derGeldpolitik.
Die jüngste Kritik der EU-Finanzminister habe «keinerleiRechtswirkung» wird der Wirtschaftsanalytiker Predrag Drecun in dermontenegrinischen Hauptstadt Podgorica zitiert. Denn «ohne diestillschweigende Zustimmung der EU wäre die Euro-Währung nichteingeführt worden», begründet er seinen Standpunkt. Die Schelte derFinanzminister «ist mehr eine Ermahnung für die neuen EU-Mitglieder,nicht etwas Ähnliches wie Montenegro zu machen», vermutet der Experteund empfiehlt, sie schlicht zu übergehen.
Eine grundsätzliche Änderung der montenegrinischenWirtschaftspolitik steht jedenfalls keinesfalls zur Debatte. Trotzder Vorhaltungen des Internationalen Währungsfonds (IWF), dieöffentlichen Haushalte gäben zu viel aus und heizten damit dieInflation an, will die Regierung an ihren ehrgeizigen Investitionenfesthalten. «Ohne Rücksicht auf die Risiken» werde «in Autobahnen,Wasserkraftwerke, die Wasserversorgung und Abfallbeseitigung»investiert, sagte der stellvertretende Regierungschef Vujica Lazovic.
