Michelle Obama Michelle Obama: Die coolste Präsidentengattin seit Jackie Kennedy sagt goodbye

Washington - Wenn nicht alles täuscht, dann wird sie lächeln wie immer, nach außen ruhig wirken wie immer und nicht zu erkennen geben, wie es wirklich in ihr aussieht. Michelle Obama muss am kommenden Freitag in Washington die Zeremonie besuchen, an deren Ende Donald Trump der 45. Präsident der USA sein wird.
Schärfer könnte der Bruch kaum sein. Hier die Obamas, dort die Trumps. Hier die coolste Präsidentengattin seit Jackie Kennedy. Sie ist den Amerikanern ans Herz gewachsen wie wahrscheinlich keine andere First Lady vor ihr. Dort das ehemalige Fotomodell Melania Trump. Von ihr wissen Amerikaner nicht viel mehr, als dass sie von Michelle Obama so begeistert scheint, dass sie sogar Teile ihrer Reden von ihr abschreibt.
Gerade hat Michelle Obama, die am Dienstag ihren 53. Geburtstag feiert, den Amerikanern noch einmal gezeigt, was sie an ihrer amtierenden FLOTUS (US-Politsprech für First Lady of the United States) haben. In einer Talkshow gesteht Moderator Jimmy Fallon, mit dem Michelle Obama schon einmal ein Wettrennen im Sackhüpfen durch das Weiße Haus veranstaltet hat, dass er zu Tränen gerührt sei, weil eine Ära zu Ende gehe. Da kann auch Michelle Obama kaum die Tränen zurückhalten und sagt: „Es ist verrückt, ich könnte jetzt weinen. Ich hätte nicht gedacht, dass der Abschied aus dem Weißen Haus so emotional werden würde.“
Die Frau, die mit der Ausdauer eines Gladiators Sport betreibt und ihren Mann solange besprochen hat, bis er das Rauchen aufgegeben hat, wirkt dabei nicht aufgesetzt oder gestelzt, sondern authentisch. Sie ist „Mom-in-Chief“, die Oberkommandierende der Familie Obama. Sie ordnet an, dass die ganze Familie, wann immer möglich, abends um halb sieben gemeinsam isst. Die Töchter Malia und Sasha sollen so normal wie möglich aufwachsen.
Michelle Obama macht aus Weißem Haus ein offenes Haus
Es scheint zu stimmen, was die bekannte US-Feministin Gloria Steinem über Michelle Obama lobpreisend schreibt: „Nach einem Jahrzehnt unter dem Mikroskop der Öffentlichkeit ist ihr gelungen, was noch keine andere Frist Lady vor ihr geschafft hat: Sie hat ein öffentliches Leben geführt, ohne ihre Privatsphäre und Authentizität zu opfern.“ In Michelle Obama vereinten sich Würde, Eleganz, Liebenswürdigkeit und Humor.
Beharrlichkeit könnte man noch ergänzen. Der Kolumnist Eugene Robinson kann und will seine Begeisterung über die Frau an der Seite des ersten schwarzen Präsidenten in der Geschichte der USA gar nicht verstecken. Michelle Obama macht aus dem Weißen Haus in Washington ein offenes Haus. Sie lädt Kinder ein, die dort singen. Sie tanzt vor laufenden Kameras, singt im Carpool Karaoke lautstark mit.
Sie kämpft wie keine andere First Lady vor ihr für gesundes Schulessen und gegen die Fettleibigkeit der Kinder in den USA. Sie legt im Garten des Weißen Hauses Gemüsebeete an und lässt dort Schulklassen jäten und pflanzen. Sie nervt die Nahrungsmittelindustrie so lange, bis deren Manager einsehen, dass sich Lebensmittel mit weniger Zucker, Fett und Salz auch verkaufen lassen. Sie ist eine Überzeugungstäterin. Einmal sagt sie, sie sei bereit, „einen völligen Narren“ aus sich zu machen, wenn sich die dicken Kindern von Amerika nur mehr bewegten.
Michelle Obama – Hausherrin der Machtzentrale der USA
Und Pflichtbewusstsein gehört auch dazu. Jahr für Jahr müssen die Obamas an einer schier endlos wirkenden Zahl von Parties im Weißen Haus teilnehmen, Tausende von Händen schütteln, auf Hunderten von Selfies lächeln. „Jeder normale Mensch“, so ein Beobachter in der „Washington Post“ „wäre hinterher zu einem Mord fähig, oder würde gerne Selbstmord begehen, oder gleich beides zusammen.“ Die Obamas aber seien anders. Sie lächelten immerzu und seien freundlich. Sie vermitteltem jedem einzelnen Gast, dass er willkommen sei.
Das mag etwas überzeichnet sein und der Wehmut geschuldet. Es trifft aber im Kern zu und liegt vor allem an Michelle Obama. Sie ist die Hausherrin in der Machtzentrale der USA, ihr Mann als Präsident hat dort gewissermaßen nur seinen Arbeitsplatz.
Michelle Obama liebt Mode
Es ist bemerkenswert: Vor 240 Jahren haben die Amerikaner die Herrschaft eines Königshauses abgeworfen, nur um seither die First Ladys als Ersatz-Königinnen zu bewundern. Schon zwei Jahre nach dem Amtsantritt ihres Mannes heißt es in einem Buch, Michelle Obama sei die White House Queen. Sie liebt Mode, und die Modewelt liebt sie. Es entstehen Fotoserien ihrer schönsten Kleider. Modekritiker sind sowieso hin und weg von der groß gewachsenen Michelle Obama mit ihrer sportlichen Figur. Sie sei eine Frau, heißt es, die den Unterschied zwischen Mode und Stil kenne. Mode wird einem von außen aufgezwungen. Stil kommt von innen.
Michelle Obama fühlte sich wie im goldenen Käfig
Der Anfang allerdings fällt schwer. Die Skepsis ist auf beiden Seiten groß. Das linksliberale Magazin „New Yorker“ druckt 2009 eine Karikatur, die Michelle Obama mit gewaltiger Afro-Frisur und einer Panzerfaust in der Hand zeigt. Anderen gilt sie als „Lady mit den wütenden Augenbrauen.“ Dabei ist Michelle Obama, glaubt man der Autorin Jodi Kantor, einfach nur unsicher, was ihre neue Rolle an der Spitze des Staates angeht.
Kantor schreibt in ihrem Buch „Die Obamas“, Michelle Obama habe sich große Sorgen gemacht, dass das Leben im Weißen Haus ihre Familie zerstören werde. Die selbstbewusste Juristin scheint sich in der Tat zu Beginn der Amtszeit ihres Mannes wie eine Gefangene in einem goldenen Käfig zu fühlen.
Bei einem Auftritt mit Laura Bush, der Frau des Amtsvorgängers George W. Bush, klagt sie, das Weiße Haus sei ein wirklich schönes Gefängnis mit eigenem Küchenchef. Aber immerhin sei ihre Rolle angenehmer als jene ihres Mannes. Der müsse in der Lage sein, von einer Minute zur anderen auf Krisen zu reagieren. Sie dagegen können sich um Sachen kümmern, die ihr wirklich am Herzen liegen.
Warum Michelle Obama zum Vorbild wird
Die Skepsis legt sich schnell, Michelle Obama wird zum Vorbild, ohne aufdringlich zu sein. Auch die Amerikaner sind mehrheitlich zunehmend begeistert von Michelle Obama. Ihre Beliebtheitswerte sind regelmäßig höher als jene ihre Mannes. Bis auf die notorischen Gegner des ersten schwarzen Ehepaares im Weißen Haus, zu denen jahrelang auch Donald Trump gehört, fühlen sich die meisten Amerikaner gut vertreten von der eleganten, nahbaren First Lady. Sie ist intelligent, aber kein Nerd, warmherzig, hat einen tief verwurzelten Sinn für die Familie, was in den USA wichtiger ist als in Europa.
Vor allem aber verströmt sie einen coolen Glamour. Von Skandalen im Hause Obama ist nichts zu hören. Spät erst zeigt Michelle Obama, die in einem wenig privilegierten Viertel im Süden Chicagos aufgewachsen ist und von dort aus den Weg an die Elite-Unis von Princeton und Harvard gefunden hat, dass sie nicht nur eine formidable First Lady, sondern auch eine mitreißende, politische Rednerin ist.
Brandrede gegen Donald Trump und den Sexismus
Letztlich hat erst das Duell Donald Trump gegen Hillary Clinton die Politikerin in Michelle Obama an die Öffentlichkeit getragen. Auf einer Wahlkampfveranstaltung in New Hampshire hält sie im Herbst 2016 eine Brandrede gegen Trump, die den Amerikanern noch lange Jahre in Erinnerung bleiben dürfte. Es ist ein elf Jahre altes Video aufgetaucht, in dem sich der Immobilienmilliardär aus New York in einer Art und Weise abschätzig über Frauen äußert, dass Michelle Obama der Atem stockt.
„Ich kann nicht aufhören, daran zu denken“, sagt sie mit bebender Stimme: „Es hat mich im Innersten erschüttert. Da hat ein mächtiger Mann frei und offen über sexuell aggressives Verhalten gesprochen, hat tatsächlich damit geprahlt, Frauen zu betatschen und zu küssen, in einer so obszönen Sprache, dass viele von uns Angst hatten, die Kinder könnten das hören, wenn sie den Fernseher einschalten.“
Michelle Obama ist zornig. Sie sagt: „Genug ist genug. Ein Mann, der Frauen verachtet, soll nicht das Land regieren, in dem meine Töchter leben.“ Dann prägt sie noch den Satz, den Hillary Clinton in ihren Sprachschatz aufnimmt: „When they go low, we go high.“ Das soll heißen: Wenn Trump das Niveau der politischen Debatte unter die Gürtellinie zieht, müssen wir das nicht nachmachen. Denn wir haben Stil. Spätestens jetzt scheint der Wahlsieg Hillary Clintons praktisch gesichert.
Michelle Obama ist zu Emotionen fähig – im Gegensatz zu Hillary Clinton
Es kommt dann doch anders. Weil aber Michelle Obama in jenen Tagen gezeigt hat, dass sie im Gegensatz zu Hillary Clinton zu Emotionen fähig ist, sehen viele Liberale in den USA die amtierende First Lady schon als nächste Präsidentschaftskandidatin. Ihr Mann sagt dazu: „Michelle fehlen die Geduld und das Verlangen, selbst Kandidatin zu sein. Darauf könnt ihr Gift nehmen.“ Michelle Obama selbst ist viel zu klug, um sich jetzt schon festzulegen. Sie hat Zeit. Wenn sie im Jahr 2024 anträte, wäre sie gerade einmal 60 Jahre alt.
Außerdem hat sie erst noch eine Rolle bei der friedlichen Machtübergabe an Trump zu spielen. Das ist ausgerechnet der Mann, der über Jahre hinweg wirre Theorie verbreitet hat, ihr Mann Barack sei möglicherweise gar nicht in den USA geboren und deswegen nicht rechtmäßiger Präsident. Da braucht es viel Würde und Anstand, um bei der feierlichen Zeremonie am Freitag auf den Stufen des Kapitols nicht aus der Rolle zu fallen. Im Falle von Michelle Obama ist das garantiert.