Merkel gibt Regierungserklärung zu Afghanistan
Berlin/dpa. - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat kurz vor der Londoner Afghanistan-Konferenz eine gemischte Bilanz des Einsatzes in dem Land gezogen. «Es gab manche Fortschritte und zu viele Rückschläge», sagte Merkel am Mittwoch im Bundestag in einer Regierungserklärung.
«Außer Zweifel steht: Die internationale Staatengemeinschaft hat das Ziel ihres Einsatzes noch nicht erreicht. Und deshalb müssen wir handeln.» Merkel betonte die Bedeutung der Londoner Afghanistan-Konferenz, die an diesem Donnerstag beginnt. Die künftige Strategie entscheide letztlich über Erfolg oder Misserfolg des Einsatzes am Hindukusch. «In London geht es also um nichts weniger als um eine Weichenstellung», sagte Merkel. Ziel sei es, die Verantwortung für das Land Schritt für Schritt in die Hände der Afghanen zu übergeben.
Merkel sagte, die Ausbildung der afghanischen Armee werde künftig stärker in den Blick genommen. Die deutschen Soldaten sollten mit ihren afghanischen Kameraden für den Schutz der Bevölkerung im Norden des Landes sorgen. «Diese Aufgabe wird künftig im Zentrum unseres Engagements stehen.» Dazu wolle Deutschland 500 Soldaten zusätzlich nach Afghanistan entsenden. Weitere 350 bildeten eine «flexible Reserve», um auf besondere Situationen reagieren zu können. Bislang sind in Afghanistan bis zu 4500 deutsche Soldaten im Einsatz.
Am Morgen hatte Merkel dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai weitere Unterstützung auch nach dem bis 2014 angepeilten Abzug der internationalen Truppen zugesagt. Dies könne auch finanzielle Zusagen einschließen, sagte sie nach einem Treffen mit Karsai im Kanzleramt.
Die Staatengemeinschaft müsse sich dazu bekennen, dass Afghanistan nicht vergessen werde, sobald die Regierung in Kabul die Verantwortung für das eigene Land übernommen habe, sagte Merkel einen Tag vor der internationalen Afghanistan-Konferenz in London. Am Nachmittag wollte Merkel dazu eine Regierungserklärung im Bundestag abgeben.
Das neue Konzept der Bundesregierung sieht vor, dass das deutsche Kontingent in Afghanistan um 850 auf dann 5350 Soldaten aufgestockt wird. Zugleich sollen rund 100 Polizeiausbilder mehr nach Afghanistan geschickt, die Entwicklungshilfe fast verdoppelt und ein Programm für aussteigewillige Taliban unterstützt werden.
Karsai versicherte, dass sein Land möglichst rasch die Verantwortung für seine Sicherheit übernehmen wolle. Er betonte, dass dies möglichst bis 2014 zum Ende seiner Präsidentschaft erreicht werden sollte. «Afghanistan möchte ihnen bald diese Last abnehmen», sagte Karsai mit Blick auch auf das deutsche Engagement in Afghanistan.
Mit Blick auf den von einem Bundeswehr-Oberst befohlenen Luftangriff am 4. September 2009 bei Kundus sprach der afghanische Präsident von einem «sehr traurigen Zwischenfall». Die deutsche Regierung habe alles getan, um darauf angemessen zu reagieren, sagte Karsai aber. «Sie haben sich als verantwortungsbewusst gezeigt.»
Die USA sind laut Außenminister Guido Westerwelle (FDP) mit dem neuen Afghanistan-Konzept der Bundesregierung zufrieden. Er habe mit seiner US-Kollegin Hillary Clinton telefoniert und das Programm erläutert. «Es ist auf sehr viel Zustimmung gestoßen», sagte Westerwelle im ZDF-Morgenmagazin. «Unsere Verbündeten wissen, wie stark sich Deutschland engagiert.»