Kommentar zur CSU Markus Söder in der CSU: Eine neue Generation auf dem alten Weg

Berlin - Zwei Tage war jetzt Ausnahmezustand bei der CSU. Zwei Tage lang hatten die Frauen das Sagen in Bayern. Der alte Ministerpräsident Horst Seehofer war zurückgetreten, der neue noch nicht im Amt. llse Aigner, Vize-Regierungschefin, übernahm das Interregnum. Bei der Vereidigung von Angela Merkel im Bundestag saß sie als oberste Bayerin auf der Bundesrats-Bank, die CSU-Landtagspräsidentin Barbara Stamm übernahm weitere Funktionen.
Ab dem Freitag ist genug mit diesen Verrücktheiten: Markus Söder wird im Landtag zum neuen Ministerpräsidenten gewählt, wegen der absoluten CSU-Mehrheit gibt es daran keinen Zweifel. Banken brauchen ein Gerichtsurteil, damit Kundinnen Kunden bleiben. Die CSU regelt das alleine: Das Wort Ministerpräsident oder Parteichef braucht es da gar nicht in der weiblichen Form.
Stil und Richtung sind vorgegeben
Es beginnt also eine neue Zeit in der CSU und es ist zugleich die alte. Die nächste Generation der CSU übernimmt und sowohl Richtung und Stil sind vorgegeben. Durchgesetzt haben sich die brutalen Machtpolitiker, die Schneidenden, wenig Konzilianten. Die neue CSU ist die des bisherigen Finanzministers Markus Söder und des Vorsitzenden der Berliner Bundestagsabgeordneten, Alexander Dobrindt. Der eine hat sich gegen Seehofer profiliert, der andere ist in dessen Schatten nach oben gestiegen. Gleich sind sie sich in ihrer Unbeliebtheit in der Partei und darin, dass das den Aufstieg nicht verhindert hat. Beide waren CSU-Generalsekretäre, also zuständig fürs scham- und charmefreie Bellen und Beißen. Es ist ihnen in den Kleidern hängen geblieben.
In dieser neuen Generalsekretärs-CSU haben die Gemäßigten den Wettbewerb verloren: Ilse Aigner ließ sich als zu freundlich abstempeln. Der abwägende Manfred Weber bleibt als der Bayernferne verdächtigte Europapolitiker auf der Strecke. Der zurückhaltende Markus Blume wird nun zwar Generalsekretär, aber das ist in der neuen Konstellation ein organisatorischer Zufall und liegt vor allem daran, dass er von Seehofer quasi vorinstalliert war.
Er bleibt, weil Seehofer erstmal Parteichef bleibt. Das liegt daran, dass in der CSU seit dem Putsch gegen Edmund Stoiber und dem darauffolgenden Absturz bei der Landtagswahl eines gelernt ist: Beim parteiinternen Machtwechsel muss zumindest der Schein eines freiwilligen Übergangs gewahrt werden. Und für Söder ist es nebenher auch ungemein praktisch, dass die Verantwortung für das Landtagswahlergebnis, das so sicher nicht ist, nicht nur auf seinen Schultern liegt. Das Positive kann er auf sein Konto verbuchen, das Negative auf Seehofer und Co abladen.
Seehofer hat die Konsenssuche aufgegeben
Seehofers Erbe ist tatsächlich ein zwiespältiges: Er hat die CSU nach dem Absturz bei der Landtagswahl von 2008 geeint, die vergrätzten Stoiber-Anhänger zumindest im Ansatz versöhnt und 2013 die absolute Mehrheit in Bayern wieder geholt. Es war das Jahr, in dem die Union im Bund triumphal wiedergewählt wurde. Seehofer war dann eine Weile König Horst, der Unanfechtbare, der die CSU von liebgewonnenen Positionen - etwas beim Donauausbau -herunterbrachte, was die Partei schmerzte, aber gesellschaftliche Konflikte befriedete.
In den vergangenen Jahren hat Seehofer dann die Konsenssuche aufgegeben. Die Auseinandersetzung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel über die Flüchtlingspolitik führte Seehofer mit einer über die übliche Pointierung hinausgehenden Schärfe und persönlich verletzend. Eine sachliche Auseinandersetzung war nicht mehr möglich. Beide Seiten versagten in der Annäherung. Der Streit hat CDU wie CSU geschadet und es greift zu kurz, dies bei Merkel abzuladen, wie es Seehofer tut.
Er hat in seiner eigenen Partei erst die Merkel-Fans und die aus dem sozialen Milieu verschreckt und dann die, die ihm die Wiederannäherung an die Kanzlerin nicht mehr verzeihen konnten. Seehofer war da schon ein Getriebener, er hatte seinen Rückzug angekündigt und damit Söder auf den Plan gerufen: Söder und Dobrindt, die immer noch ein bisschen schärfer waren als Seehofer, können also als wahre Architekten des Aggressionskurses der vergangenen Jahre gelten, gedacht als Abwehrkampf gegen die AfD. Damit sind sie mindestens Mitverursacher des CSU-Bundestagswahlergebnisses von 2017, des schlechtesten ihrer Geschichte.
Absolute Mehrheit als Mindestbedingung
Bei der Landtagswahl im Oktober wird die CSU geht es nun aus Sicht der Partei um noch etwas mehr: die Behauptung der absoluten Mehrheit gilt unbescheiden als Mindestbedingung für die Fortexistenz der Partei. Wenn Dobrindt das Schlagwort einer konservativen Revolution in den Raum wirft, ist klar, in welche Richtung der Blick geht. Wenn die bisherige zweite Reihe auch in der ersten Reihe bei ihrem Stil und ihrer Strategie bleibt, ist da wenig Platz für Differenzierung und viel für Konfrontation - und die Bundesregierung ist da dann ein willkommener Gegner.
Falls alles schief geht, hat Söder seine Sündenböcke schon im Haus. Er hat angekündigt, die Amtszeit des Ministerpräsidenten auf zwei Wahlperioden begrenzen zu wollen. Unter zehn Jahren wird er es nicht machen wollen, egal was passiert.