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Landtagswahl in Bayern Landtagswahl in Bayern: Müde Appelle am Morgen danach

Von Stefan Sauer 22.09.2003, 13:30
Bundeskanzler Gerhard Schröder (r) und der SPD-Spitzenkandidat bei den bayerischen Landtagswahlen, Franz Maget, geben am Montag (22.09.2003) vor Beginn der Präsidiumssitzung in der SPD-Zentrale in Berlin ein Statement ab. Die Sozialdemokraten verloren bei den Wahlen am vergangenen Sonntag (21.09.2003) 10 Prozentpunkte und kamen auf 19,6 Prozent der Stimmen. (Foto: dpa)
Bundeskanzler Gerhard Schröder (r) und der SPD-Spitzenkandidat bei den bayerischen Landtagswahlen, Franz Maget, geben am Montag (22.09.2003) vor Beginn der Präsidiumssitzung in der SPD-Zentrale in Berlin ein Statement ab. Die Sozialdemokraten verloren bei den Wahlen am vergangenen Sonntag (21.09.2003) 10 Prozentpunkte und kamen auf 19,6 Prozent der Stimmen. (Foto: dpa) dpa

Berlin/MZ. - Der Kanzler verzichtet auf jede Begrüßungsformel. "Guten Morgen, meine Damen und Herren"? Fehlanzeige. Nichts für die SPD ist gut an diesem Morgen. "Kein Zweifel, das ist eine bittere Niederlage für die SPD", spricht Gerhard Schröder mit belegter Stimme im Foyer der Berliner Parteizentrale. Dieser Aussage ist nichts hinzuzufügen.

Übernächtigt wirkt der Kanzler, und so kommt seine Botschaft, nun gelte es "alle Kräfte" zusammenzunehmen, um den "schwierigen aber richtigen Reformprozess" weiter voranzutreiben, ein wenig matt daher. Zumal das viele Anhänger und Mitglieder der SPD ganz anders sehen, was Schröder natürlich weiß. Statt der "Augen-zu-und-durch-Strategie", die SPD-Generalsekretär Olaf Scholz im Anschluss an die Sitzung verkündet, fordern die Parteilinken deutliche Kurskorrekturen.

"Ich weiß nicht, wie viele Niederlagen es noch geben muss, bis die Führung kapiert, dass es so nicht geht", sagt der Bundestagsabgeordnete Rüdiger Veit. Es müsse endlich deutlich werden, dass nicht allein die kleinen Leute die Lasten der Reformen zu schultern hätten, "sondern auch die Großen". Daher sollten Besserverdiener mehr in die Krankenversicherung einzahlen, in dem die Beitragsbemessungsgrenze herauf gesetzt wird.

Mit dem Regierungsstil des "friss, Vogel, oder stirb" müsse Schluss sein, so Präsidiumsmitglied Hermann Scheer. Diskussionen dürften nicht nach längst getroffenen Entscheidungen stattfinden sondern hätten ergebnisoffen zu sein.

"Mehr Ehrlichkeit, weniger Widersprüche", mahnt die SPD-Linke Andrea Nahles an. "Wenn Schröder von der Senkung der Lohnnebenkosten redet, muss er auch sagen, dass dies nur für die Arbeitgeberseite der Fall ist. Und wenn man die Steuern zur Stärkung der Kaufkraft senkt, aber an anderer Stelle die Abgaben erhöht, ist das widersprüchlich."

Tiefe Verunsicherung und Missbilligung der Regierungspolitik ist in weiten Teilen der Partei zu spüren. Inhalt, Stil und Vermittlung der Schröderschen Agenda 2010 stehen ernsthaft zur Debatte. In Scharen haben Parteigänger seit Jahreswechsel der SPD den Rücken gekehrt. Von 35000 Austritten ist die Rede. Seit Schröders Regierungsantritt 1998 haben annähernd 100000 Sozialdemokraten ihr Parteibuch zurückgegeben. Konsequenzen gab es auch in Bayerns SPD-Spitze: Landeschef Wolfgang Hoderlein und Generalsekretärin Susann Biedefeld kündigten wegen der Schlappe ihren Rücktritt an.

Trotz aller Unterschiede sind sich linke und rechte Sozialdemokraten einig: Die eingeleiteten Reformen müssen umgesetzt werden. "Wir können nicht im vollen Galopp die Zügel herum reißen", glaubt Andrea Nahles. Wirtschaftsexperte Rainer Wend sagt: "Ein Zick-Zack-Kurs wäre jetzt das Falscheste. Die Akzeptanz für unsere Politik hängt davon ab, wann die Reformen Wirkung zeigen."

Wahlparty nach den bayerischen Landtagswahlen am 21. September 2003 im Münchner Maximilianeum. Wahlsieger Edmund Stoiber (CSU) winkt nach der ersten Hochrechnung seinen Anhängern zu, links seine Frau Karin. (Foto: dpa)
Wahlparty nach den bayerischen Landtagswahlen am 21. September 2003 im Münchner Maximilianeum. Wahlsieger Edmund Stoiber (CSU) winkt nach der ersten Hochrechnung seinen Anhängern zu, links seine Frau Karin. (Foto: dpa)
dpa
Wahlergebnis Bayern (Grafik: dpa)
Wahlergebnis Bayern (Grafik: dpa)
dpa