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Kriegsverbrechen Kriegsverbrechen: Gotovina steht am Montag erstmals vor dem UN-Tribunal

10.12.2005, 15:40

Den Haag/Zagreb/dpa. - Der 50-Jährige, bisher neben den bosnischen Serben Radovan Karadzic undRatko Mladic einer der meistgesuchten mutmaßlichen Kriegsverbrecheraus dem ehemaligen Jugoslawien, kann vor dem Einzelrichter aufschuldig oder unschuldig plädieren. Er wird unter anderemverantwortlich gemacht für die Ermordung von mindestens 150 Serben imSommer 1995 bei der Rückeroberung der Krajina durch kroatischesMilitär. Bis zum Beginn der Hauptverhandlung werden noch Monatevergehen.

In Kroatien gingen am Wochenende Zehntausende Sympathisanten fürGotovina auf die Straße. Allein in Split an der Adria hatten sich amSonntag nach Medienberichten zwischen 40 000 und 60 000 Gotovina-Anhänger versammelt. Kundgebungen gab es auch in der HauptstadtZagreb und anderen Orten des Landes. Redner der von verschiedenenVeteranenverbänden organisierten Kundgebungen verlangten vom Staat,dem Angeklagten jede Unterstützung vor dem Haager Tribunal zugewähren. Die Regierung in Zagreb beschloss indessen, die bishergesperrten Bankkonten und anderes Eigentum Gotovinas freizugeben.

Gotovina war Befehlshaber der als «Operation Sturm» bezeichnetenOffensive gegen die Serben, die in der Krajina eine eigene Republikausgerufen hatten. Mindestens 15 000 Menschen wurden laut Anklage vonden kroatischen Soldaten vertrieben, ihre Dörfer geplündert und inBrand gesetzt. Zivilisten wurden erschossen oder verbrannten in ihrenHäusern. Gotovina sei für die Taten seiner Untergebenenverantwortlich. Er habe sie sogar dazu angestiftet, heißt es in derAnklageschrift. Kroatische Nationalisten verehren Gotovina dagegenals Helden.

Das UN-Tribunal hatte 2001 einen Haftbefehl gegen Gotovinaausgestellt. Seitdem war der frühere Fremdenlegionär untergetaucht.UN-Anklägerin Carla Del Ponte hatte bis vor kurzem der Führung inZagreb vorgeworfen, sie bemühe sich nicht um seine Verhaftung, obwohler sich in ihrem Einflussbereich befinde. Nach der Festnahme auf derspanischen Kanareninsel Teneriffa wurde jedoch bekannt, dass er seitvielen Monaten quer durch die Welt gereist ist.

Jetzt sind noch sechs Angeklagte flüchtig, unter ihnen der frühereFührer der bosnischen Serben, Radovan Karadzic, und sein MilitärchefRatko Mladic. Nach Gotovinas Verhaftung hatten die EU, die NATO unddie USA die Regierung in Belgrad aufgefordert, diese beidenHauptfiguren des Bosnienkrieges endlich zu ergreifen und nach DenHaag auszuliefern. Die Polizei im Teilstaat Montenegro durchsuchte amSamstag das Haus der Karadzic-Familie und beschlagnahme lautMedienberichten ein Handy und drei Mobiltelefonkarten seinerVerwandten.