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Russische Invasion Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Ohne Hilfe von außen könnte die Ukraine dem Angriff des übermächtigen Nachbarn Russland nicht widerstehen. Selenskyj war selbst in Brüssel und kehrt mit neuen Zusagen heim. Die News im Überblick.

Von dpa Aktualisiert: 12.10.2023, 05:47
Ein Anwohner geht an einem Krater vorbei, der durch einen Raketenangriff verursacht wurde und mehrere Gebäude getroffen hat.
Ein Anwohner geht an einem Krater vorbei, der durch einen Raketenangriff verursacht wurde und mehrere Gebäude getroffen hat. Alex Babenko/AP/dpa

Kiew - Die russische Armee versucht eine der wichtigsten Bastionen der Ukraine im Donbass einzukesseln: die Industriestadt Awdijiwka in unmittelbarer Nähe von Donezk.

Zwar berichtete der ukrainische Generalstab, die Sturmangriffe seien abgewehrt worden - 13 Attacken bei Awidijiwka selbst, 10 Attacken nahe dem etwas nördlich gelegenen Dorf Stepowe. Doch die von Flugzeugen, Artillerie und Dutzenden Panzern unterstützte Offensive ist die größte der russischen Armee seit Wochen. In der Nacht griff Russland den Süden und Osten der Ukraine zudem wieder mit zahlreichen Kampfdrohnen an, wie die ukrainische Luftwaffe mitteilte.

Präsident Wolodymyr Selenskyj brachte unterdessen von einem Besuch in Brüssel neue Zusagen für militärische Hilfe mit. „Unser Hauptaugenmerk liegt auf der Stärkung unserer Luftverteidigung und den wichtigsten Instrumenten an der Front, Artillerie, Systemen mit hoher Reichweite“, sagte der Staatschef in seiner Videobotschaft am Mittwochabend. Die Ukraine wehrt seit fast 20 Monaten eine russische Invasion ab. Am Donnerstag ist der 596. Kriegstag.

Offensive gegen Frontstadt Awdijiwka

Awdijiwka liegt nur gut 15 Kilometer von Donezk entfernt und ist seit 2014 Frontstadt, als im Osten die Kämpfe zwischen den von Moskau geführten Separatisten und der ukrainischen Armee begannen. Als Russland 2022 seine großangelegte Invasion begann, hatte die von einer großen Kokerei geprägte Stadt noch über 30.000 Einwohner. Nur ein paar hundert Menschen sollen trotz Beschuss noch dort ausharren. Die russische Offensive soll nach Einschätzung von Militärexperten Druck von anderen Frontabschnitten nehmen und ukrainische Kräfte binden.

Der Militärverwaltungschef von Awdijiwka, Witalij Barabasch, nannte die russischen Angriffe die schwersten seit Beginn der Invasion im Februar 2022. Dabei seien am Dienstag etwa 60 Panzer eingesetzt worden. Aktuell griffen russische Infanteriegruppen mit Unterstützung aus der Luft, aber ohne Panzertechnik an, sagte er dem Radiosender Donbass Realiji. Allein am Mittwoch seien 23 Raketen auf das Stadtgebiet abgefeuert worden. Russische Quellen berichteten von Geländegewinnen nördlich von Awdijiwka. Unabhängig ließen sich die Angaben zunächst nicht überprüfen.

Hilfe im Wert von 500 Millionen US-Dollar

Die Ukraine erhielt bei dem Treffen ihrer Unterstützerländer im sogenannten Ramstein-Format Hilfen im Wert von 500 Milliarden US-Dollar (471 Millionen Euro). Das sagte der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umarow nach dem Treffen in Brüssel am Mittwoch. Auf der Liste stünden Flugabwehr, Munition, Hilfe für den kommenden Winter sowie Kampflugzeuge vom Typ F-16, sagte Umerow.

Selenskyj nahm bei dem nicht vorab angekündigten Besuch in Brüssel erstmals persönlich an einem Ramstein-Treffen der Verteidigungsminister teil. Er sprach mit US-Ressortchef Lloyd Austin, dem neuen US-Generalstabschef Charles Brown sowie Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Neben Hilfspaketen aus den USA, Großbritannien und Finnland versprach Belgien die Lieferung von F-16.

„Es war also ein starker Tag!“, sagte Selenskyj. „Belgien, ich danke euch! Allen Ramstein-Verbündeten: Danke! Den Vereinigten Staaten bin ich dankbar für ihre Führung und Unterstützung! Jeden Tag werden unsere Soldaten und unser ganzes Volk stärker.“ Die neuen Zusagen sind für das angegriffene Land wichtig, weil die Front der Unterstützer an einigen Stellen brüchig wird. So blockiert in den USA ein Haushaltsstreit die Finanzierung weiterer Hilfen für die Ukraine.

Ungewöhnlich war, dass der Selenskyj sich bei seiner Ansprache in einem Zug selbst filmte - mit Fahrgeräuschen im Hintergrund. Ausländische Politiker reisen derzeit aus Sicherheitsgründen nur mit dem Nachtzug nach Kiew. Es wird davon ausgegangen, dass auch Selenskyj bei seinen nicht vorab angekündigten Reisen ins Ausland und zurück Bahn fährt.

Nächtliche Luft- und Artillerieangriffe

Die Warnungen vor den russischen Shahed-Drohnen, die im Kamikaze-Stil mit Sprengladungen auf ihr Ziel herabstürzen, betrafen in der Nacht viele ukrainische Gebiete. Explosionen wurden nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe aus den Gebieten Charkiw im Osten sowie Odessa und Cherson im Süden gemeldet. Zu möglichen Schäden gab es noch keine Angaben.

Umgekehrt meldete die russische Seite drei Todesopfer nach einem angeblichen ukrainischen Drohnenangriff in der Grenzregion Belgorod. Rettungskräfte hätten aus den Trümmern eines Hauses die Leichen einer Frau und eines Mannes sowie eines kleinen Kindes geborgen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow. Auch diese Angaben waren zunächst nicht überprüfbar.

In der im November 2022 von ukrainischen Truppen zurückeroberten Gebietshauptstadt Cherson schlugen am Mittwochabend nach Behördenangaben fortwährend russische Artilleriegeschosse ein. Dabei seien mehrere Hochhäuser beschädigt worden. Cherson liegt direkt am Strom Dnipro, dessen Südufer von russischen Truppen besetzt ist.

Früher am Tag hatte russischer Beschuss die Stadt Nikopol im Gebiet Dnipropetrowsk getroffen. Aus den Trümmern einer Schule bargen Rettungsmannschaften bis zum Abend vier Tote, wie der ukrainische Innenminister Ihor Klymenko mitteilte.

Das wird heute wichtig

Der russische Präsident Wladimir Putin wird in dem zentralasiatischen Land Kirgistan erwartet und will dort mit Staatschef Sadyr Dschaparow sprechen. In dem Hochgebirgsland hält gerade auch das von Russland geführte Verteidigungsbündnis OVKS Militärmanöver ab. Beteiligt sind Belarus, Kasachstan, Kirgistan, Russland und Tadschikistan.