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Korruption Korruption: Richter gesteht den Verkauf von Jura-Examen

Von Christian Bommarius 06.01.2015, 11:40

Berlin - Richter Jörg L. hat der niedersächsischen Justiz am Dienstag einen letzten Dienst erwiesen – vor dem Landgericht Lüneburg gab er zu, Referendaren Prüfungslösungen für das Zweite Staatsexamen verkauft zu haben. Mit dem Geständnis verkürzte er den ursprünglich auf 51 Verhandlungstagen angesetzten Prozess. Die Mehrbelastung, die Jörg L. den bisherigen Kollegen mit seinen Gaunereien bereitet hatte, dürfte das kaum kompensieren. In den vergangenen Monaten waren 200 Staatsanwälte und Richter – das sind zehn Prozent der niedersächsischen Justiz im höheren Dienst – damit beschäftigt, 16.000 Klausuren von 2000 Kandidaten auf Auffälligkeiten zu untersuchen.

Der seit Juni 2014 in Untersuchungshaft sitzende 48 Jahre alte Jurist räumte ein, als Referatsleiter im niedersächsischen Landesjustizprüfungsamt Lösungsskizzen gegen Zahlung fünfstelliger Beträge bis zu 30.000 Euro an Kandidaten verkauft zu haben. Der Anklage zufolge soll er gelegentlich mit einer Anzeige wegen übler Nachrede für den Fall gedroht haben, dass ihn ein Kunde verrate.

Der Fall hatte nicht nur in der niedersächsischen Justiz für Aufregung gesorgt. Das Zweite Staatsexamen ist die entscheidende Hürde auf dem Weg zum Richter, Staats- oder Rechtsanwalt. Zweifel am lauteren Erwerb dieser Qualifikation erschüttern die Glaubwürdigkeit der Justiz. Klar ist, dass den überführten Kunden Jörg L.’s in den nächsten Monaten das zweite Examen aberkannt und ihr Berufsleben als Jurist beendet sein wird.

Jörg L. hatte sich im Frühjahr vergangenen Jahres durch Flucht der Verhaftung entzogen. Wenig später war er in einem Mailänder Vier-Sterne-Hotel festgenommen worden. Bei sich führte er damals 30.000 Euro in bar und eine geladene Pistole.

Nach der umfassenden Aussage wird das Urteil über Jörg. L., der der Bestechlichkeit im besonders schweren Fall , der Verletzung des Dienstgeheimnisses und der versuchten Nötigung angeklagt ist, bereits für die kommende Woche erwartet. Zwar drohen ihm bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe. Doch ist nach dem Geständnis nach allgemeiner Erwartung mit einer geringeren Strafe zu rechnen.