Kommentar zum Glyphosat-Alleingang Kommentar zum Glyphosat-Alleingang: Bemerkenswerte Dreistigkeit des Landwirtschaftsministers

Berlin - Immerhin, eines hat Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) erreicht: Fast vier Jahre nach seinem Amtsantritt kann sich die Öffentlichkeit in Deutschland nun sicher sein, dass es hierzulande tatsächlich einen Landwirtschaftsminister namens Christian Schmidt gibt.
Besonders aufgefallen ist der Mann bisher nicht. Das hat sich seit Montag geändert, indem Schmidt Absprachen innerhalb der Bundesregierung ignorierte und in Brüssel dafür sorgte, das die Zulassung des umstrittenen Ackergiftes Glyphosat europaweit verlängert wird.
Landwirtschaftsminister sind in der Regel Lobbyisten der heimischen Agrar- und Nahrungsmittelbranche. Die Interessen der Verbraucher sind für sie zweitrangig. Insofern hat Schmidt das getan, was seine Klientel von ihm erwartet.
Bemerkenswert ist die Dreistigkeit, mit der das geschah: Die SPD ringt sich gerade mühsam dazu durch, vielleicht doch noch einmal in eine Regierungskoalition mit der Union zu gehen. Am Donnerstag will der Bundespräsident die Parteichefs ins Gebet nehmen.
Die CSU hat rechtzeitig klar gemacht, dass sie gar nicht daran denkt, ein zuverlässiger Partner zu sein. Sie hat Angst, im kommenden Jahr bei der Landtagswahl in Bayern die absolute Mehrheit zu verlieren. Da ist ihr jedes Mittel zur Profilierung recht.
Großer Teil der Europäer hat die Agrarpolitik satt
In Brüssel sind sie derweil froh, dass die Akte Glyphosat erst einmal geschlossen werden kann. Ohne das Votum Deutschlands wäre wieder keine Mehrheit im Kreis der Mitgliedstaaten zustande gekommen, die EU-Kommission hätte entscheiden müssen.
Ihr Beschluss wäre vermutlich recht nahe an dem gewesen, worauf sich die Staaten nun verständigt haben. Nur hätten nicht die Regierungen, sondern die Kommission den Ärger abbekommen.
Der Vorgang sollte allen Beteiligten eine Lehre sein: Die Auseinandersetzung um Glyphosat hat gezeigt, dass ein großer Teil der Europäer die bisherige Agrarpolitik satt hat.