Kanzlers Italien-Urlaub Kanzlers Italien-Urlaub: Meinungen über Schröders Absage sind geteilt

Rom/dpa. - Schröders Beispiel folgte inzwischen ein weiterer prominenter SPD-Politiker: Auch Generalsekretär Olaf Scholz will in diesem Sommer nicht mehr in Italien urlauben. Eine SPD-Sprecherin bestätigte einen entsprechenden Bericht der «Bild»-Zeitung, wonach Scholz nun nach Frankreich reisen will.
Schröder hatte am Mittwoch seinen geplanten Adria-Urlaub nachpauschalen Beschimpfungen deutscher Touristen durch den italienischen Tourismus-Staatssekretär Stefano Stefani abgesagt. Er will sich nun im heimischen Hannover erholen.
Ein Rücktritt Stefanis stand in der italienischen Regierung aucham Donnerstag nicht zur Debatte. Zahlreiche Hoteliers an der Adria-Küste haben bereits die Ablösung des Lega-Nord-Politikers gefordert,der es bisher ablehnt, sich für seine Entgleisung zu entschuldigen.
65 beziehungsweise 66 Prozent der Deutschen finden es richtig,dass der Kanzler nach den pauschal-diffamierenden Äußerungen seinenUrlaub nicht mehr in Italien verbringt. Das ermittelten eine Forsa-Umfrage und eine Emnid-Umfrage im Auftrag der Nachrichtensenders N24und n-tv. 27 beziehungsweise 31 Prozent der Deutschen lehnen dieseKonsequenz ab.
Als «völlig überzogen, albern und künstlich aufgeregt» bezeichnetehingegen Unions-Fraktionsvize Wolfgang Schäuble (CDU) die AbsageSchröders. Natürlich seien die Äußerungen Stefanis über deutscheTouristen «unsäglich» gewesen, sagte Schäuble der dpa in Berlin.Schröder solle seinerseits aber nicht «aus dem dummen Gerede einesStaatssekretärs eine Affäre machen, als hätten wir jetzt im deutsch-italienischen Verhältnis große Probleme und als könne man alsDeutscher nicht mehr nach Italien fahren».
Nach Ansicht des Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe im Bundestag,Michael Glos, hat Schröder einen «Sturm im Wasserglas» entfacht. «DerKanzler hat diese Chance genutzt, um abzulenken», sagte Glos demSender n-tv. CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer meinte: «Ein bisschenmehr Souveränität und Gelassenheit wäre eine bessere Reaktion desBundeskanzlers auf solche idiotischen Äußerungen einesStaatssekretärs gewesen.»
Auch der frühere EU-Parlamentspräsident Klaus Hänsch (SPD) warntedavor, die anti-deutschen Äußerungen zu ernst zu nehmen. «Ich setzedoch nicht Berlusconi und irgendwelche anderen Leute, die da etwassagen, mit dem italienischen Volk gleich», sagte Hänsch im ZDF.Unterstützung erhielt Schröder vom SPD-Fraktionsvize Gernot Erler.«Wenn eine solche Provokation von einem Regierungsmitglied passiert,würde es eine völlig falsche Wirkung erzielen, wenn man dieseUrlaubspläne aufrechterhalten hätte», sagte Erler dem NDR.
FDP-Chef Guido Westerwelle erklärte, er erwäge nun, seinerseitsden Urlaub in Italien zu verbringen. «Meine Solidarität gehört denwackeren Italien-Reisenden Joschka Fischer und Otto Schily und denMillionen deutschen Italien-Urlaubern.» Dem Vernehmen nach haltenFischer und Schily trotz ihrer Kritik an den Äußerungen italienischerRegierungsvertreter an ihren Urlaubsplänen in «Bella Italia» fest.
Die italienische Tourismusbranche sorgt sich ernsthaft um dasAusbleiben deutscher Urlauber. Der Direktor des staatlichenitalienischen Fremdenverkehrsamtes in Frankfurt/Main appellierte andie Deutschen, an ihren Italien-Plänen festzuhalten. Er könneSchröders Absage politisch verstehen, sagte Italo Somariello den«Stuttgarter Nachrichten» (Freitag). «Ich hoffe nur, dass diedeutschen Bürger jetzt nicht dem Beispiel ihres Bundeskanzlersfolgen.»
Die Absage des Italien-Urlaubs durch Schröder macht bei denDeutschen nach einer dpa-Umfrage bei TUI, Thomas Cook und derTouristikgruppe Deutsches Reisebüro bislang keine Schule: Dieführenden Reiseveranstalter rechnen nicht mit Einbußen für dasItalien-Geschäft, hieß es.
Schröder erhielt inzwischen zahlreiche Angebote für deutscheUrlaubsziele - vom Allgäu bis zur Ostsee-Küste. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) lud den Kanzler zu einemBesuch des Eifelörtchens Rom ein. Schröder freue sich über dieseOfferten, die alle beantwortet würden, hieß es in Berlin.