Justiz Justiz: NPD platziert Schöffen bei Gericht
Dresden/ddp. - In mehreren Städten soll die Partei nacheinem bundesweiten Aufruf zur Schöffen-Bewerbung erfolgreich gewesensein, unter anderem am Amtsgericht Riesa, wie das ARD-Magazin «Fakt»und der MDR am Montag berichteten.
Der Direktor des Amtsgerichts Riesa, Herbert Zapf, bestätigte,dass eine NPD-Anhängerin als sogenannte Hilfsschöffin am Gerichtbeschäftigt sei. Nach Bekanntwerden des Falls sei am Montag einVerfahren eingeleitet worden, um die Frau wieder von derSchöffenliste zu streichen.
Es handele sich laut «Fakt» dabei um die NPD-KreistagskandidatinInes Schreiber, deren Mann für das NPD-Organ «Deutsche Stimme»arbeitete. Laut Zapf soll sie in einem Fall als Schöffin im Einsatzgewesen sein. Dabei sei ein Diebstahlsdelikt verhandelt worden. DerUmstand, dass die Frau der NPD nahe stehe, sei bei den Schöffenwahlenim vergangenen Jahr nicht bekannt gewesen, sagte Zapf. Dies habe ererst in der vergangenen Woche erfahren. Für das Ehrenamt wurde dieFrau von der Gemeinde Strehla als Kandidatin auf die Liste gesetzt,über die dann der Schöffenwahlausschuss beim Amtsgericht entschiedenhabe.
Die NPD hatte ihre Anhänger zuvor ausdrücklich aufgefordert, beiSchöffenwahlen zu kandidieren. In einem Aufruf, der auch im Internetveröffentlicht und vom sächsischen NPD-Landtagsabgeordneten JürgenGansel unterzeichnet wurde, heißt es, als ehrenamtlicher Richterkönne man «das gesunde Volksempfinden in die Urteilsfindungeinfließen» lassen. Damit könne «ein höheres Strafmaß etwa gegenkriminelle Ausländer und linksradikale Gewalttäter» durchgesetztwerden.
Zapf sagte, die Schöffin müsse noch angehört werden. Sie habe zweiWochen Zeit, sich zum Sachverhalt äußern. Für die Streichung von derListe müssten Gründe angegeben werden. Zapf verwies jedoch auf einBundesverfassungsgerichtsurteil vom Mai 2008, wonach besondereVerfassungstreue von Richtern im Ehrenamt verlangt werde. DieKarlsruher Richter hatten damals die Amtsenthebung einesehrenamtlichen Richters beim Arbeitsgericht Stuttgart bestätigt, derMitglied einer Neonazi-Rockband war. Die Verfassungsbeschwerde desMannes wurde damals verworfen.
Der Politikwissenschaftler Hans-Gerd Jaschke sagte «Fakt»: «Imspeziellen Fall der NPD ist öffentlich bekannt, dass siedemokratiefeindlich ist, dass sie Positionen vertritt, die nicht mitdem Grundgesetz vereinbar sind.» Allein dieses Wissen hätteausreichen müssen, um NPD-Bewerber abzulehnen.
Nach Angaben des Justizministeriums will Sachsen sich einemVorschlag Brandenburgs anschließen und eine Bundesratsinitiativevorantreiben, um den Gerichten in solchen Fällen ein besseresInstrument für entsprechende Entlassungsverfahren zur Hand zu geben.
An den sächsischen Amts- und Landgerichten gibt es 4000Schöffenstellen. Die Amtszeit der ehrenamtlichen Richter beträgt fünfJahre. Die Stellen wurden mit Beginn des Jahres neu besetzt. DieSchöffen wurden von Wahlausschüssen der Amtsgerichte aus denVorschlagslisten der Gemeinden ernannt. Hilfsschöffen können zumEinsatz kommen, wenn die Hauptschöffen beispielsweise ausKrankheitsgründen ausfallen.