Hintergrund Hintergrund: Die politische Situation in Nigeria
Hamburg/dpa. - Nigeria ist mit geschätzten knapp 130 Millionen Einwohnern das bevölkerungsreichste Land Afrikas. Präsident Olusegun Obasanjo führte den Ölstaat 1999 nach fast 16 Jahren Militärherrschaft zur Demokratie. Der ehemalige Militärherrscher versprach dem Land politische und wirtschaftliche Reformen, Kampf gegen Machtmissbrauch und Korruption, Stabilität und die Vision eines harmonischen Vielvölkerstaates. Doch wenige Monate vor der Präsidentenwahl im Mai 2003 geht es der Bevölkerung des westafrikanischen Staates, in dem rund 250 Stämme leben, schlechter denn je.
Knapp 70 Prozent leben nach Informationen der Weltbank unterhalb der Armutsgrenze und müssen mit weniger als einem Dollar pro Tag auskommen. Trotz geschätzter Öleinnahmen von rund 280 Milliarden US- Dollar in den vergangenen 30 Jahren zählt Nigeria zu den 20 ärmsten Ländern der Welt. Nach Schätzungen sind 30 bis 40 Prozent der Nigerianer arbeitslos. Eine hohe Inflation und Auslandsschulden von rund 34 Milliarden Dollar (im Jahr 2000) schwächen die Kassen.
Zwischen dem moslemisch dominierten Norden und dem christlich- animistischen Süden zieht sich eine Trennungslinie. Mehr als 10 000 Menschen kamen in Nigeria in ethnischen oder religiösen Konflikten ums Leben. Bei Zusammenstößen zwischen Christen und Moslems starben im Jahr 2000 in Kaduna rund 2000 Menschen. Im Herbst des vergangenen Jahres kamen bei Konflikten zwischen den beiden Religionsgruppen in Jos und Kano Hunderte von Menschen ums Leben.
1999 wurde in Nigeria mit der Einführung des islamischen Rechts, der Scharia, begonnen. Es gilt inzwischen in 12 der 36 Bundesstaaten. Am 4. Januar 2002 wurde im zentralen Bundesstaat Kaduna die erste Hinrichtung nach islamischem Recht vollzogen: ein Mann wurde wegen Raubmordes gehenkt. Mindestens fünf Nigerianer wurden von Scharia- Gerichten zum Tode durch Steinigung verurteilt. Zum Symbol des weltweiten Protestes gegen die Vollstreckung dieser barbarischen Urteile wurde die 31-jährige Amina Lawal, die zum Tode verurteilt worden war, weil sie nach ihrer Scheidung ein Kind bekommen hatte. Nach Auslegung der Scharia in Nigeria gilt dies als Ehebruch.