Halbzeit der Koalitionsgespräche Halbzeit der Koalitionsgespräche: Streit um Geld und Eheförderung

Berlin/dpa. - Zur Halbzeit der Koalitionsgespräche streiten SPD und Grüne um Steuer- und Finanzfragen. In der SPD stieß auch der strenge Sparkurs von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) auf Kritik. Zwischen den Partnern einer neuen rot-grünen Koalition verschärfte sich am Wochenende in Berlin die Auseinandersetzung um die Steuerprivilegien für Ehepaare. Die Union, die Steuergesetze im Bundesrat blockieren kann, verteidigte das Ehegattensplitting. CDU- Chefin Angela Merkel warf Rot-Grün eine «unverantwortliche Neidkampagne» vor.
SPD und Grüne setzten ihre Koalitionsverhandlungen an diesem Montag mit den Themen Außen- und Verteidigungspolitik fort. Auch bei der Bundeswehr dürften angesichts knapper Kassen vor allem Finanzfragen im Vordergrund stehen. Meinungsunterschiede gibt weiter vor allem bei Fragen der Wehrpflicht, der Auslandseinsätze der Bundeswehr und der Zuständigkeit für die Europapolitik.
Bisher haben sich SPD und Grüne darauf verständigt, dass der Bund in den kommenden vier Jahren insgesamt vier Milliarden Euro als Anschubfinanzierung für den Ausbau von Ganztagsschulen bereitstellt. Kinderbetreuung soll ausgebaut und dafür das Ehegattensplitting eingeschränkt werden - über das Ausmaß der Kürzung gibt es aber keine Einigkeit. Steuern sollen nicht erhöht werden, und der Umfang zusätzlicher Einsparungen im Bundeshaushalt ist ungeklärt. Eichel will zehn Milliarden Euro einsparen. Der Arbeitnehmerflügel der SPD machte sich jedoch für mehr öffentliche Investitionen stark, um dem Konjunkturabschwung entgegenzuwirken.
Die Grünen beharren darauf, das Ehegattensplitting deutlich einzuschränken und griffen dabei den designierten SPD-Generalsekretär Olaf Scholz an. Nach den Worten von Grünen-Parteichef Fritz Kuhn geht es um «eine elementare Frage der Gerechtigkeit». Es sei richtig, das Splitting bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen von mehr als 45 000 Euro zu kappen, sagte Schleswig-Holsteins Umweltminister Klaus Müller (Grüne) in einem dpa-Gespräch. Scholz hält die Pläne der Grünen für nicht zu verwirklichen. «Der genannte Betrag ist weit entfernt von dem, was rechtlich möglich und politisch durchsetzbar ist», sagte er im ZDF.
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW/Berlin) meinte, eine Mehrwertsteuererhöhung um ein bis zwei Prozentpunkte sollte für die Bundesregierung kein Tabu sein. Bund, Länder und Gemeinden dürften «die Wirtschaftskrise nicht noch verschärfen, indem sie rigoros sparen und die öffentlichen Investitionen weiter kürzen» sagte er den «Lübecker Nachrichten» (Sonntag). Eine Erhöhung der Erbschaftssteuer und eine Neuauflage der Vermögensteuer, wie von vier SPD-Ländern vorangetrieben, lehnte der DIW-Präsident dagegen ab: Das brächte nicht genug Geld in die Kassen - ganz abgesehen von verfassungsrechtlichen Problemen.
Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth kündigte an, in der kommenden Woche werde bei den Verhandlungen «über alle Haushaltsposten zu reden sein». Dabei müsse es aber «sozial gerecht zugehen», sagte sie in der «Bild am Sonntag». Neue Steuern schloss sie aus. Die Ökosteuer müsse aber weiter entwickelt werden. Dieses Thema dürfte ebenfalls bei den Koalitionsgesprächen in der kommenden Woche eine Rolle spielen.
Nach Informationen der «Berliner Zeitung» regt sich bei linken Sozialdemokraten gegen Eichels restriktive Finanzpolitik Widerstand. In einer gemeinsamen Sitzung von SPD-Partei- und Fraktionsvorstand sei von mehreren Teilnehmern auch Eichels Nein zur Vermögensteuer kritisiert worden.
Der Bund der Steuerzahler forderte SPD und Grüne auf, das Kabinett durch Zusammenlegen von Ministerien von bislang 14 auf höchstens 8 bis 10 Ressorts zu verkleinern. In der «Neuen Osnabrücker Zeitung» forderte der Präsident des Verbandes, Karl Heinz Däke, ferner, die inzwischen 22 Posten der Parlamentarischen Staatssekretäre ersatzlos zu streichen.
