GroKo-Einigung GroKo-Einigung: Und wo bleibt der Osten?

Berlin/Magdeburg - Mehr als 28 Jahre nach dem Mauerfall verliert Ostdeutschland seine besondere Rolle in der Bundesregierung. Die Spitzen von CDU, CSU und SPD einigten sich am Mittwoch in Berlin auf einen Koalitionsvertrag, der keinen gesonderten Teil zum Aufbau Ost oder spezielle Maßnahmen zur Entwicklung Ostdeutschlands vorsieht.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) lobte im MZ-Interview das Verhandlungsergebnis dennoch. „Wenn weltwirtschaftlich nichts passiert, werden das gute vier Jahre für den Osten“, sagte Haseloff.
Als potenzielle Minister wurden am Mittwoch ausschließlich Politiker mit westdeutscher Herkunft gehandelt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wäre unter den 16 die einzige mit Ost-Biografie. Und ein spezieller Ostbeauftragter im Range eines Staatsministers im Kanzleramt oder ähnliches ist auch nicht vorgesehen.
Vorschläge gegen „wachsende Ungleichheit zwischen Städten und Regionen“
Im Koalitionsvertrag wurde vielmehr vereinbart, dass die Bundesregierung zusammen mit Ländern und kommunalen Spitzenverbänden eine Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ bildet. Die soll keine Vorschläge vorlegen, wie der Osten seinen Rückstand gegenüber dem Westen aufholt - sondern Vorschläge gegen eine allgemein in Deutschland „wachsende Ungleichheit zwischen Städten und Regionen“ entwickeln.
Haseloff, der als einziger CDU-Politiker aus Sachsen-Anhalt bei den Koalitionsverhandlungen dabei war, sieht trotzdem große Vorteile für Ostdeutschland. „Bei der Verteilung der Gelder kommt Ostdeutschland gut weg - auch in den Bereichen Braunkohle und Energiepolitik ist das mit Augenmaß passiert“, sagte er.
Landtagsfraktionschefin Katja Pähle hat für die Sozialdemokraten aus Sachsen-Anhalt am Koalitionsvertrag mitgearbeitet. „Wir haben an vielen Stellen sehr gut verhandelt. Wir können in den Bereichen Bildung, Rente und Arbeit sehr viel bewegen“, sagte sie der MZ. Pähle freute sich, dass ihre Partei unter anderem mit den Ressorts Finanzen, Außen und Arbeit „strategisch wichtige Ministerien“ besetzen kann.
Martin Schulz als neuer Außenminister gehandelt
Inhaltlich war in den Koalitionsverhandlungen vor allem die Gesundheits- und Arbeitsmarktpolitik bis zuletzt in den Koalitionsverhandlungen strittig. Die SPD hatte sich zum Ziel gesetzt, die Ungleichbehandlung von Privat- und Kassenpatienten zumindest einzudämmen. Dafür soll nun eine Kommission eingesetzt werden, die eine Angleichung der Arzt-Honorare für gesetzlich und privat Versicherte prüfen soll.
Union und SPD einigten sich auch auf ein Aus für lange Ketten befristeter Arbeitsverhältnisse und eine Eindämmung sachgrundloser Befristungen. Das von der SPD ursprünglich geforderte Verbot dieser Arbeitsverhältnisse wird aber nicht kommen.
Bei den Ressorts und deren möglicher personeller Besetzung ist die größte Überraschung, dass das Innen- künftig auch Heimatministerium sein soll - und angeblich soll es der bisherige bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) leiten.
Wobei am Mittwoch offen blieb, was genau ein Heimatminister regeln soll. Bei der SPD wird derweil Parteichef Martin Schulz als neuer Außenminister gehandelt. Die Koalition steht noch nicht endgültig. Bei der Union werden Parteitage nun über die Koalition abstimmen, bei der SPD wird es einen Mitgliederentscheid geben. (mz)