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Sarin Giftgas in Syrien: Experten bestätigen Einsatz von Nervengas Sarin

Von Thorsten Knuf 20.04.2017, 06:37
Ein Foto der „Syria Civil Defence“ (Weißhelme) zeigt einen Helfer, der ein Opfer des Giftgasangriffs in Chan Scheichun versorgt.
Ein Foto der „Syria Civil Defence“ (Weißhelme) zeigt einen Helfer, der ein Opfer des Giftgasangriffs in Chan Scheichun versorgt. ZUMA Wire

Den Haag - Für unabhängige Experten besteht kein Zweifel mehr, dass bei dem Angriff auf den syrischen Ort Chan Scheichun mit mehr als 80 Toten Anfang April tatsächlich Giftgas eingesetzt wurde. Die bisherigen Untersuchungsergebnisse seien „unbestreitbar“, teilte der Chef der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW), Ahmet Üzümcü, in Den Haag mit. Labor-Analysen wiesen darauf hin, dass die Opfer dem Nervengift Sarin oder einer vergleichbaren Substanz ausgesetzt gewesen seien.

Die OPCW wird von den Vertragsstaaten der Chemiewaffenkonvention getragen und hat die Aufgabe, die Einhaltung des weltweiten Verbots dieser Kampfstoffe zu überwachen. Fast alle Staaten des Planeten inklusive Syrien gehören der Organisation an. 2013 erhielt sie für ihre Arbeit den Friedensnobelpreis.

Generaldirektor Üzümcü teilte mit, bei drei Todesopfern des Angriffs seien Proben entnommen und diese wiederum in Labors untersucht worden, welche die OPCW ausgewählt hat. Darüber hinaus seien auch bei sieben Menschen Proben entnommen worden, die den Angriff überlebt hatten und derzeit in Krankenhäusern behandelt werden. Die Analyse dieser Proben fand in zwei weiteren Labors statt. Auch hier seien die Ergebnisse eindeutig, betonte der türkische Diplomat.

WHO schließt Einsatz von Nervengift nicht aus

Experten der Organisation untersuchen seit mehr als zwei Wochen die Umstände und Hintergründe des Angriffs vom 4. April. Sie führen auch Interviews und versuchen, Beweisstücke zu sichern. OPCW-Chef Üzümcü sagte, dass überdies ein Team bereitstehe, um den Tatort Chan Scheichun zu inspizieren. Dies sei jedoch erst möglich, wenn es die Sicherheitslage dort erlaube. Ein erster Untersuchungsbericht an die Vertragsstaaten der Chemiewaffenkonvention sei binnen zwei Wochen zu erwarten.

Vor der OPCW hatte bereits die Türkei den Einsatz von Giftgas als erwiesen erklärt. Einige Opfer des Angriffs waren in das Nachbarland zur medizinischen Behandlung gebracht worden. Die Weltgesundheitsorganisation wiederum erklärte, dass Symptome der Opfer wie akute Atemnot für einen Kontakt mit Nervengiften sprächen.

Von wem ging der Angriff aus?

Die OPCW macht bislang keinerlei Angaben darüber, von wem der Giftgas-Einsatz ausgegangen sein dürfte. Diese Frage treibt die Weltgemeinschaft seit Anfang April um. Das syrische Regime um Diktator Baschar al-Assad macht die Rebellen für den Angriff verantwortlich. Auch Russland als Schutzmacht des Regimes stellt die Vorgänge so dar. Assad behauptet, dass sein Land gar keine chemischen Kampfstoffe mehr besitze. Syrien war 2013 unter großem internationalen Druck der Chemiewaffenkonvention beigetreten.

Der Westen hingegen sieht Assad in der Verantwortung. Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault kündigte an, sein Land werde „in den kommenden Tagen“ Beweise dafür vorlegen, dass das Regime hinter dem Angriff stehe. US-Präsident Trump hatte wenige Tage nach dem Massaker von Chan Scheichun mit Marschflugkörpern eine Luftwaffenbasis des Regimes beschießen lassen, auf der der Giftgas-Einsatz seinen Ursprung gehabt haben soll.