1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Geschichte: Geschichte: Für Bonhoeffer kam das Kriegsende einen Monat zu spät

Geschichte Geschichte: Für Bonhoeffer kam das Kriegsende einen Monat zu spät

06.04.2005, 07:01
Der NS-Widerstandskämpfer und Pazifist Dietrich Bonhoeffer (undatiertes Archivbild). Der evangelische Theologe wurde 29 Tage vor der Kapitulation des Deutschen Reiches, am 9. April 1945, im Konzentrationslager Flossenbürg von den Nationalsozialisten hingerichtet. (Foto: dpa)
Der NS-Widerstandskämpfer und Pazifist Dietrich Bonhoeffer (undatiertes Archivbild). Der evangelische Theologe wurde 29 Tage vor der Kapitulation des Deutschen Reiches, am 9. April 1945, im Konzentrationslager Flossenbürg von den Nationalsozialisten hingerichtet. (Foto: dpa) A0009 dpa

Berlin/dpa. - Bonhoeffer, der 39 Jahre alt wurde, hatte sich unter anderem an der Vorbereitung des Attentats vom 20. Juli 1944 beteiligt.

Heute gilt Bonhoeffer als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten des deutschen Widerstands in der NS-Zeit. Sein 1944 in der Haft geschriebenes Gedicht «Von guten Mächten wunderbar geborgen» ist fester Bestandteil des Evangelischen Gesangbuchs. Ungebrochen aktuell sind auch seine Gedanken zu religiösen Fragen.

Bevor SS-Männer Bonhoeffer im April 1945 den Strick um den Halslegten, kniete er nieder und betete. Seine christliche Gesinnunghatte ihn schon früh zu einem Gegner der Nationalsozialisten gemacht. Schon unmittelbar nach der Machtergreifung 1933 trug er sich angesichts der Judenverfolgung mit dem Gedanken, «nicht nur die Opfer unter dem Rad zu verbinden, sondern dem Rad selbst in die Speichen zu fallen». In seiner «Friedensrede» warnte der Pfarrer 1934 vor der drohenden Kriegsgefahr, 1935 schloss er sich der oppositionellen «Bekennenden Kirche» an.

Die Kirche musste sich nach seiner Auffassung an die Seite derVerfolgten stellen. Gerade deshalb setzte Bonhoeffer sich als einerder ersten christlichen Theologen auch für die jüdischen Mitbürgerein. «Nur wer für die Juden schreit, darf auch gregorianisch singen»,sagte er einmal bei den Predigerseminaren, die er seit 1935 inPommern für die «Bekennende Kirche» hielt.

Die Seminare wurden 1940 endgültig von der Gestapo unterbunden,ein Rede- und Schreibverbot sollte Bonhoeffer mundtot machen. Alsweitere Schikane kam eine polizeiliche Meldepflicht hinzu. FürBonhoeffer stand zu dieser Zeit der Weg vom religiösen in denpolitischen Widerstand bereits fest. Er war überzeugt, dass man alsChrist nicht die Augen vor Unrecht verschließen dürfe und der Politiknicht einfach den Rücken kehren könne. Immer mehr gelangte er zu derAuffassung, dass man in einer Diktatur notfalls auch nicht vor einemTyrannenmord zurückschrecken dürfe.

Über seinen Schwager Hans von Dohnanyi erhielt der am 4. Februar1906 in Breslau (heute Wroclaw) geborene Bonhoeffer Anschluss an dieGruppe um Admiral Wilhelm Canaris. Der Marineoffizier aus dem ErstenWeltkrieg war beim militärischen Geheimdienst tätig, ging aber aufDistanz zu den Nazis und deckte Widerstandsgruppen. Bonhoefferarbeitete offiziell ebenfalls für die «Abwehr», knüpfte dabei abermit Hilfe seiner ökumenischen Kontakte Verbindungen zwischen denwestlichen Regierungen und dem deutschen Widerstand.

Am 5. April 1943 wurde Bonhoeffer wegen «Wehrkraftzersetzung» vonder Gestapo verhaftet. Der Nachweis einer Tätigkeit im Widerstandgelang allerdings zunächst nicht. Erst im Zuge der Ermittlungen nachdem erfolglosen Attentat von Claus Graf Schenk von Stauffenberg am20. Juli 1944 fand die Gestapo in Canaris' Tagebuch belastendeHinweise. Das Schicksal Bonhoeffers und anderer Oppositioneller wardamit besiegelt. Am 5. April 1945 ordnete Hitler die Vernichtungseiner in dem Tagebuch genannten Gegner an.

Aus dem KZ Buchenwald wurde Bonhoeffer am 8. April von der SS(Schutzstaffel) nach Flossenbürg gebracht. Dort verurteilte einStandgericht die Angeklagten Bonhoeffer, Canaris, Generalmajor HansOster, Generalstabsrichter Karl Sack, Hauptmann Theodor Strünck undHauptmann Ludwig Gehre zum Tode durch den Strang. Ungebeugt tratBonhoeffer seinen letzten Gang an. Der Lagerarzt sagte zehn Jahrespäter über den Verurteilten: «Ich habe kaum je einen Mann sogottergeben sterben sehen.»