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Frauentag Frauentag: Die Chefin stillt

Von Matthias Hasberg 08.03.2011, 08:33
Frauke Petry, stillt in ihrem Betrieb in Leipzig ihren vier Monate alten Sohn Tobias. Was so idyllisch aussieht auf den ersten Blick, ist aber doch knallhartes Wirtschaftsleben. (FOTO: DAPD)
Frauke Petry, stillt in ihrem Betrieb in Leipzig ihren vier Monate alten Sohn Tobias. Was so idyllisch aussieht auf den ersten Blick, ist aber doch knallhartes Wirtschaftsleben. (FOTO: DAPD) dapd

Leipzig/dapd. - Dass der Kleine hier im Büro liegt, ist nicht die Ausnahme, sonderndie Regel.

Auch am 8. März, wenn der Internationale Frauentag Jubiläumfeiert und 100 Jahre alt wird, wird Frauke Petry ihren Sohn amSchreibtisch stillen, nachdem sie zwei der drei Geschwister amMorgen in die Schule und den Kindergarten in Leipzig gebracht hat.Um die knapp zweijährige Franziska kümmert sich der Vater zuhause inTautenhain.

Blumen bekommt sie am 8. März von ihrem Mann nicht. «Mein Mannkommt aus Nordrhein-Westfalen, der hat überhaupt keinen Bezug zumFrauentag», sagt die 1975 in Dresden geborene Frauke Petry. DerFrauentag sei schon wichtig. «Man braucht solch ein Datum, damit dasThema Gleichberechtigung auch gedanklich mal in den Mittelpunktrückt», erklärt sie. Aber als reiner Alibi-Tag, an dem die Männerden Frauen den Kaffee einschenken, das sei doof.

«Bei mir kochen die Männer ihren Kaffee immer selbst», sagt dieFirmenchefin. Und die Familienarbeit teile sie sich so gut es gehtmit ihrem Mann. Als Pfarrer sei er in seiner Zeiteinteilung etwasfreier als die meisten Väter. «Von daher ist bei uns jeden TagFrauentag.»

Zwtl.: Die Mutter machte einen Bogen um den Frauentag

Hervorgegangen ist der Tag zu Beginn den 20. Jahrhunderts aus dersozialistischen Bewegung, die unter anderem für das Frauenwahlrechtkämpfte. Am 19. März 1911 wurde er das erste Mal in Dänemark,Deutschland, Österreich-Ungarn und der Schweiz gefeiert. Der 8. Märzsetzte sich erst nach dem Ersten Weltkrieg durch. DieNationalsozialisten verboten den Tag 1933 und rückten stattdessenden Muttertag ins Zentrum. Nach dem Krieg geriet der Frauentag inWestdeutschland weitgehend ins Vergessen, in der DDR hingegen war erzwar nicht arbeitsfrei, aber fester Bestandteil des jährlichenFeiertagskalenders.

«Ich hab' immer geschaut, dass ich an diesem Tag auf Dienstreisebin», sagt Frauke Petrys Mutter. Die 70-Jährige ist selbstChemikerin und konnte der Feierei der Frauen am 8. März in einigenDDR-Kombinaten so gar nichts abgewinnen. Auf sie geht dasUrsprungspatent zurück, mit dem PURinvent am Markt ist: ungiftigeFüllungen für Reifen, damit diese wirklich unplattbar sind. Sie hatheute ihren Schreibtisch schräg neben ihrer Tochter, und nach demStillen schnappt sie sich den Kinderwagen und schiebt mit demKleinen raus an die frische Luft.

Zwtl.: Bei Männern zählen die Überstunden

Was so idyllisch aussieht auf den ersten Blick, ist aber dochknallhartes Wirtschaftsleben. Frauke Petry, Verfechterin einerFrauenquote in der Wirtschaft, wurde zwar im Januar mit demSächsischen Gründerinnenpreis ausgezeichnet. «Aber die Arbeitsweltist doch weiterhin männlich geprägt», sagt sie. Einen männlichenUnternehmer frage die Bank nie, wie er seine Kinder betreut. «Michfragt sie das aber», ärgert sie sich. «Mit welcher Begründung?»

Arbeitszeiten würden weiterhin meistens von Männern festgelegt,und danach richteten sich dann auch die Betreuungszeiten in denKindergärten. Männer seien stolz auf ihre Überstunden, ob sie dabeieffizient arbeiten, sei oft egal. Und der Chef schaue nur, werabends noch im Büro sitzt, ärgert sich Chemikerin Petry.

In ihrem Acht-Personen-Unternehmen gibt es das nicht. Das sei derLuxus, den sie sich gönne. «Nachmittags um fünf gehe ich nachHause», sagt sie. Meistens.