Familie Familie: Ein Politikum wird zum Talk-Thema

Köln/MZ. - Die umstrittenen, heimlichen und immernoch in einer juristischen Grauzone getestetenAbstammungsverhältnisse von Vater und Kindsind schon in den Niederungen der nachmittäglichenTalk- und Gerichtsshows gelandet. Denn seitkeine Blutentnahme aus der Kopfvene des Kindesmehr für einen Vaterschaftstest nötig ist,sondern dazu maximal ein Abstrich der Mundschleimhautauf einem Wattestäbchen ausreicht, bietenauch in Deutschland private Institute Vaterschaftstestsan.
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD)hat jetzt abermals in einem Interview ankündigte,in diesem Jahr einen Gesetzentwurf für dasVerbot heimlicher Vaterschaftstests vorzulegen.Bestraft werden sollen Männer, die sich ohneschriftliche Einwilligung der von ihnen angeblichgeschwängerten Frauen auf genetisches Spurensuchebegeben. Auch die Labors, die heimliche Vaterschaftstestvornehmen, sollen strafrechtlich verfolgtwerden. Hauptargumente: Persönlichkeitsrechtevon Mutter und Kind sowie der Datenschutz.
In sieben Jahren sind die Techniken fürdie DNA-Analyse verfeinert worden. Inzwischenlässt sich aus Haaren in der Bürste, Kaugummioder aus Urinspuren in Pampers ein Nachweisführen. Mindestens ebenso lange warnen Datenschützervor den anonymen Tests, aber in der Politikwurde das Thema verdrängt. Es bietet nämlichgenug Sprengstoff für einen neuen Krieg derGeschlechter: Der Seitensprung und seine vertuschtenFolgen.
Inzwischen aber haben sich die Medien, dieSelbsthilfegruppen und Web-Foren so intensivdes Themas angenommen, dass die PolitikerPosition beziehen müssen. Befürworter undGegner der Tests können sich auf Expertenaller Fachrichtungen berufen. Die Protagonistender Tests verstehen es aber auf alle Fällees besser, ihre Argumente unter das Volk zubringen. Für die Entschlüsselung der Geheimnisseeines Wattestäbchens plädieren Moraltheologenbeider Konfessionen. Der Katholik JohannesReiter attestiert Männern ausdrücklich ein"legitimes Interesse" an der Wahrheitssucheper Test, da die Gesellschaft die Einschaltungvon Privatdetektiven zum Nachweis von Ehebruchakzeptiere. Der evangelische Theologe WalterDietz (Oppenheim) kommt gar zu dem Ergebnis,"dass unter den gegebenen Umständen Männernvon einer standesamtlichen Ehe dringend abzuratensei".
Bei dem Hinweis des Justizministeriums,es gebe im Falle des Zweifels ja immer nochden Rechtsweg, unterbliebt natürlich der Hinweisauf die erheblich höheren Kosten und die imGesetz vorgeschriebenen, kurzen Fristen fürdie Anfechtung einer Vaterschaft. Das "Netzwerkfür Vaterschaftstest" hat sich etabliert,um die Pläne von Zypries zunichte zu machen.Es bietet "Musteranschreiben an Abgeordnete"und führt Adressen von "Labors im EU-Ausland"an, falls in Deutschland die anonymen Teststatsächlich verboten werden sollten.