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EU-Vertrag vor dem Bundesverfassungsgericht

10.02.2009, 13:18

Karlsruhe/dpa. - Mit komplett gegensätzlichen Positionen haben EU-Kritiker und Bundesregierung am Dienstag vor dem Bundesverfassungsgericht über den EU-Reformvertrag von Lissabon gestritten. Die Kläger warfen der EU ein wachsendes Demokratiedefizit und eine Aushöhlung staatlicher Souveränität vor.

Aus Sicht der Regierung führt das im Dezember 2007 unterzeichnete Vertragswerk aber nicht zu weniger, sondern zu mehr Demokratie in Europa. Ein Nein aus Karlsruhe würde den Vertrag, der Anfang 2010 in Kraft treten soll, zum Platzen bringen. Ein Urteil wird frühestens im Sommer erwartet.

«Der Vertrag von Lissabon stärkt die demokratischen Grundlagen der Europäischen Union nachdrücklich», sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zum Auftakt der zweitägigen Anhörung in Karlsruhe. Auch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) verteidigte das Reformprojekt. «Der Vertrag beeinträchtigt die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland nicht.» Die EU-Mitgliedstaaten blieben auch nach Inkrafttreten des Reformvertrags «Herren der Verträge».

Gegen den Vertrag sind eine Gruppe um den Ex-Europaparlamentarier Franz Ludwig Graf von Stauffenberg (CSU) - Sohn des Widerstandskämpfers - sowie der CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler, die Linksfraktion sowie Klaus Buchner, Vorsitzender der Ökologisch-Demokratischen Partei, vor Gericht gezogen. Ein Nein aus Karlsruhe würde den Vertrag, der Anfang 2010 in Kraft treten soll, zum Platzen bringen. Der Vizepräsident des Gerichts, Andreas Voßkuhle, stellte klar, dass es allein um die Vereinbarkeit des Vertrags mit dem Grundgesetz gehe: «Die europäische Idee als solche steht hier und heute hingegen nicht zur Verhandlung.» Ein Urteil wird frühestens im Sommer erwartet.

Gauweilers juristischer Vertreter Dietrich Murswiek kritisierte den Vertrag als undemokratisch. Der Einfluss des deutschen Bundestags auf die europäische Gesetzgebung werde nicht vergrößert, sondern drastisch verkürzt. Auch über das EU-Parlament werde der Wille der Wähler nicht angemessen zur Geltung gebracht: «Das EU-Parlament ist weit davon entfernt, ein demokratisch gewähltes Parlament zu sein.» Zudem sei der Vertrag ein «unlesbares Monstrum», dessen Inhalt nur wenige Experten, nicht aber das Volk verstehen könnten.

Nach den Worten von Markus Kerber, Bevollmächtigter Stauffenbergs, haben die EU-Institutionen seit den 90er Jahren einen Prozess der Machtkonzentration durchlaufen. Die EU-Kommission habe sich zur «Hydra» entwickelt - zu einem nicht mehr steuerbaren und nicht mehr kontrollierbaren Organismus. «Brüssel ist endgültig zum Gewaltenkonglomerat geworden.» Steinmeier bekräftigte dagegen die Notwendigkeit, die Arbeit der EU effizienter zu gestalten: «Dauerhafte Handlungsfähigkeit für eine EU mit 27 Mitgliedstaaten wird es mit den hergebrachten Regeln einer Union von 12 oder 15 Mitgliedern nicht geben.»