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Erinnerung an Oskar Schindler Erinnerung an Oskar Schindler: Polin rettete 2500 Getto-Kinder

03.04.2006, 06:43
Irena Sendler (Archivfoto vom 18.09.1996) hatte 2500 jüdischen Kindern aus dem Warschauer Getto das Leben gerettet. (Foto: dpa)
Irena Sendler (Archivfoto vom 18.09.1996) hatte 2500 jüdischen Kindern aus dem Warschauer Getto das Leben gerettet. (Foto: dpa) PAP/CAF

Erfurt/dpa. - 2500 jüdischen Kindern aus dem Warschauer Getto hatIrena Sendler das Leben gerettet. Doch die Geschichte der heute 96 Jahre alten Polin blieb mehr als 50 Jahre im Verborgenen. Erst nachdem Ende des Kommunismus in Polen wurde das mutige Handeln derSozialarbeiterin und Krankenschwester bekannt. In Deutschland setztsich jetzt ein emeritierter Professor dafür ein, Sendler beimWeltkongress der Sozialarbeiter zum Ehrenmitglied zu ernennen.

«Irena Sendler ist mit ihrem Mut und Einsatz ein Vorbild für unsalle», sagt Joachim Wieler. Zusammen mit Studenten der Fachhochschulefür Sozialwesen in Erfurt ist er an der Organisation des Programmsbeteiligt. 1500 Sozialarbeiter werden im Sommer in München erwartet.

Der Wissenschaftler hat die Katholikin im Januar besucht. Es seieine der bewegendsten Begegnungen in seinem Leben gewesen, erzähltWieler. Trotz allem, was diese Frau erlebte, habe sie einermutigendes Lächeln. Nicht nur Wieler nennt sie die «die UnbekannteOskar Schindler» - in Anlehnung an den deutschen Industriellen OskarSchindler, der während der Nazizeit vielen Juden das Leben rettete.

Sendler war Mitglied der Widerstandsgruppe Zegota, die nachKriegsbeginn mit der polnischen Exilregierung in Londonzusammenarbeitete. Schon 1939 organisierte sie an der Zegota-SpitzeLebensmittel und Unterkünfte für bedrohte Juden. Dann rettete sieWaisenkinder und später Kinder der im Getto internierten Juden.

Als Sozialarbeiterin und Krankenschwester im Getto schmuggelte siedie Kinder in polnische Familien, Klöster und Waisenhäuser. Um dieJungen und Mädchen an den Wachleuten vorbeizubringen, betäubte siebisweilen die Kinder, so dass diese wie tot aussahen. AlsKrankenschwester in der Abteilung für ansteckende Krankheiten wurdesie von den Wachleuten nicht so genau kontrolliert. «Die Nazis hattenriesige Angst vor dem Ausbreiten von Seuchen», sagte Wieler.

Das Schwierigste sei für Sendler gewesen, die Eltern davon zuüberzeugen, dass sie sich von ihren Kinder trennen müssen, um diesezu retten. 1943 wurde sie festgenommen. Doch selbst unter Folter gabsie die Namen der Kinder nicht preis. Die Nazis verurteilten sie zumTode, doch durch Bestechung eines hohen Beamten wurde sie gerettet.

Bis Kriegsende lebte Sendler versteckt. Unter den Kommunisten warsie wegen ihrer Zegota-Mitgliedschaft erneut Verfolgungen ausgesetzt.«Ihre mutigen Taten durften erst nach der politischen Wende in dieÖffentlichkeit dringen», sagt Wieler. Im Jahr 2003 erhielt sie diehöchste Auszeichnung Polens, den Weißen Adler für Tapferkeit undgroßen Mut. Vor kurzem erschien eine Biografie über Irena Sendler indeutscher Sprache. Der Titel: «Die Mutter der Holocaust-Kinder».

Bundespräsident Horst Köhler steht am Dienstag (30. August 2005) vor dem Denkmal der Helden des Warschauer Ghettos in Warschau, nachdem er einen Kranz niedergelegt hat. (Foto: dpa)
Bundespräsident Horst Köhler steht am Dienstag (30. August 2005) vor dem Denkmal der Helden des Warschauer Ghettos in Warschau, nachdem er einen Kranz niedergelegt hat. (Foto: dpa)
dpa