"State of the Union" Donald Trump will Gefangenenlager Guantánamo erhalten - Rede zur Lage der Nation

Washington - US-Präsident Donald Trump hat sich in einer Ansprache vor dem Kongress als überparteilicher Konsensstifter in Szene zu setzen versucht. In seiner ersten Rede zur Lage der Nation rief er Republikaner und Demokraten am Dienstagabend (Ortszeit) auf, ihre „Differenzen beiseite zu legen“ und mit ihm zusammen unter anderem an der Einwanderungsreform und einem Mammutprogramm zur Modernisierung der Infrastruktur zu arbeiten.
Trump beschwor in der 80-minütigen Rede eine Aufbruchstimmung, die er in seinem ersten Amtsjahr im Land erzeugt habe: „Wir haben unglaubliche Fortschritte gemacht und außerordentliche Erfolge erzielt.“ Der Präsident beschrieb es als sein Verdienst, dass die Arbeitslosigkeit sinkt und die Börse boomt. Die von ihm durchgesetzte Steuerreform bezeichnete Trump als historische Errungenschaft. Dadurch sei ein ein „neuer amerikanischen Moment“ entstanden. Viele Jahre lang hätten Unternehmen und Jobs die USA verlassen - „aber nun kommen sie zurück“.
Nach einem ersten Amtsjahr, in der sich die politische und gesellschaftliche Polarisierung des Landes verschärft hat, rief Trump alle Bürger zur Geschlossenheit auf. Sie seien „ein Team, ein Volk, eine amerikanische Familie“. Alle sollten zusammen an dem Ziel arbeiten, ein „sicheres, starkes und stolzes Amerika“ zu bauen.
Mit solchen Appellen redete Trump gegen seine Reputation in großen Teilen der Bevölkerung an. Die Umfragen verzeichnen nicht nur historisch niedrige Zustimmungswerte für den Präsidenten. Sie zeigen auch, dass ihn die große Mehrheit nicht als Versöhner, sondern Spalter sieht.
Infrastruktur soll modernisiert werden
Konkret forderte Trump einen parteiübergreifenden Konsens über das Infrastrukurprogramm. Der Kongress solle einen Investitionsplan auf die Schiene setzen, durch den mindestens 1,5 Billionen Dollar (1,2 Billionen Euro) in die Modernisierung etwa von Straßen, Brücken und Bahnstrecken gepumpt würden.
Ferner warb der Präsident für seinen Vorschlag zur Einwanderungsreform. Er sieht die Legalisierung von 1,8 Millionen jungen Einwanderern vor, die als Kinder illegal ins Land gekommen waren und als „Dreamer“ (Träumer) bezeichnet werden. Zugleich verlangt Trump aber vom Kongress 25 Milliarden Dollar für sein Prestigeprojekt einer Mauer an der mexikanischen Grenze. Auch will er den Familiennachzug drastisch beschränken. Er wolle ein „sicheres, modernes und gesetzmäßiges Einwanderungssystem“ schaffen, sagte Trump.
Drogen und Gangs durch „offene Grenzen“
Allerdings klang Trumps Rede keineswegs durchweg versöhnlich. In diversen Passagen knüpfte er an seine übliche aggressive Rhetorik an. So ritt er erneut eine Generalattacke gegen illegale Einwanderung, die er in erster Linie als Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellte. Die „offenen Grenzen“ hätten über Jahrzehnte Drogen und Gangs ins Land gelassen und zum „Verlust vieler unschuldiger Leben“ geführt, sagte Trump.
Seine „oberste Pflicht“ bestehe darin, die US-Bürger zu schützen und ihnen die Verwirklichung des amerikanischen Traums zu ermöglichen: „Weil Amerikaner auch Träumer sind.“
Demokraten demonstrieren Solidarität mit Immigranten
Die Reaktionen der Demokraten im Saal zeigten, dass Trumps Kooperationsappelle bei ihnen keinen sonderlichen Eindruck machten. Während die Republikaner sich regelmäßig zum begeisterten Applaus erhoben, blieben die Oppositionsvertreter demonstrativ sitzen. Dutzende Demokraten trugen Schmetterlingsaufkleber, ein Symbol der Solidarität mit Immigranten.
Der Streit um die Einwanderungsreform hatte erst kürzlich zu einer dreitägigen Haushaltssperre geführt. Eine erneut Blockade des Bundeshaushalts droht in der kommenden Woche.
Im außenpolitischen Teil seiner Rede beschrieb Trump China und Russland als Bedrohung für „unsere Interessen, unsere Wirtschaft und unsere Werte“. Auf die Ermittlungen zu möglichen illegalen Moskau-Kontakten seines Lagers ging er dabei allerdings nicht ein.
Trump betonte ferner, dass der Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) trotz deren Niederlagen im Irak und in Syrien längst nicht gewonnen sei. Auch teilte er mit, dass auf seine Anordnung hin das umstrittene Haftlager in Guantanamo bestehen bleibe. (afp)