"Propaganda für Terrororganisation" Deniz Yücel in der Türkei: Haftrichter verhängt Untersuchungshaft für Welt-Korrespondenten

Istanbul - Nach 13 Tagen Polizeigewahrsam in der Türkei hat ein Haftrichter in Istanbul am Montagabend Untersuchungshaft gegen den deutschen Journalisten Deniz Yücel erlassen. Das berichtete die „Welt“, für die Yücel als Türkei-Korrespondent arbeitet. Dem 43-jährigen Korrespondenten würden „Propaganda für eine terroristische Vereinigung und Aufwiegelung der Bevölkerung“ vorgeworfen. Verdächtige können in der Türkei bis zu fünf Jahre in Untersuchungshaft gesperrt werden.
Die „Welt“ berichtete, der Haftrichter Mustafa Cakar habe in der Vergangenheit schon mehrere Journalisten der regierungskritischen Zeitung „Cumhuriyet“ zu U-Haft verurteilt. Der Staatsanwalt habe Yücel allgemein zu seinen Artikeln befragt und dann Haftantrag gestellt.
Kritik von Angela Merkel und Sigmar Gabriel
Bundeskanzlerin Angela Merkel nannte die Verhängung der Untersuchungshaft am Abend „bitter und enttäuschend“. „Diese Maßnahme ist unverhältnismäßig hart, zumal Deniz Yücel sich der türkischen Justiz freiwillig gestellt und für die Ermittlungen zur Verfügung gestellt hat“, erklärte die Kanzlerin in Berlin.
Die Bundesregierung erwarte, „dass die türkische Justiz in ihrer Behandlung des Falles Yücel den hohen Wert der Pressefreiheit für jede demokratische Gesellschaft berücksichtigt“, so Merkel weiter. „Wir werden uns weiter nachdrücklich für eine faire und rechtsstaatliche Behandlung Deniz Yücels einsetzen und hoffen, dass er bald seine Freiheit zurückerlangt.“
Zuvor hatte sich bereits Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) „enttäuscht“ über die Entscheidung der Justiz gezeigt. Der Fall werfe „ein grelles Schlaglicht auf die Unterschiede, die unsere beiden Länder offensichtlich bei der Anwendung rechtsstaatlicher Grundsätze und in der Bewertung der Presse- und Meinungsfreiheit haben“, erklärte Gabriel.
Autokorsos für Deniz Yücel geplant
Aus Protest gegen die Festnahme Deniz Yücels sind für den Dienstagnachmittag Autokorsos in mehreren deutschen Großstädten geplant. Laut Angaben der Initiative „FreeDeniz“ wollen die Teilnehmer auch für andere inhaftierte Journalisten in der Türkei demonstrieren. Unter anderem gibt es in Berlin, Hamburg, Köln und München solche Aktionen.
Yücel besitzt sowohl die deutsche als auch die türkische Staatsbürgerschaft. Er ist der erste deutsche Korrespondent, der seit Regierungsübernahme der islamisch-konservativen AKP des heutigen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan im Jahr 2002 in Untersuchungshaft kommt. (dpa, afp, red)