DDR-Auslandsspionage DDR-Auslandsspionage: «Rosenholz»-Kartei soll bald nutzbar sein

Berlin/dpa. - Wegen der schlechten Qualität der mikroverfilmten Karteikarten,die auf CD-ROM gespeichert sind, könne aber frühestens in einemhalben Jahr mit den Daten gearbeitet werden, sagte Birthler. An derAufbereitung der Daten werde mit Hochdruck und personellerVerstärkung gearbeitet, sagte sie. Die Karten seien schlecht lesbar,Namen fehlerhaft eingegeben, manche doppelt genannt. Derzeit gebe esnoch das Risiko von Fehlinterpretationen.
Das jahrelange Gezerre um die brisanten Daten der Stasi-Auslandsabteilung der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) wurde erstvor wenigen Tagen mit der Aufhebung der strengen Geheimhaltungbeendet. Die Freigabe werde die zeitgeschichtliche Aufarbeitung dergegen die Bundesrepublik gerichteten Spionage voranbringen, sagteBirthler. Zu erwarten seien Erkenntnisse über das Netz der Westarbeitdes MfS, jedoch keine Sensationen. Mit strafrechtlichen Konsequenzensei kaum mehr zu rechnen, deutsche Strafverfolgungsbehörden hättendie Daten bereits früher einsehen können.
Bislang wurden der Bundesbehörde laut Angaben 381 CDs übergeben.Darauf sind rund 290 000 Datensätze zur Klarnamen-Kartei derAbteilung HVA des Stasi-Ministeriums, 57 400 Datensätze zu Vorgängensowie 2000 Datensätze zu Statistikbögen enthalten. Die Zuordnung seiaber kompliziert, hieß es. Die Stasi habe auch unbescholtene Bürgeraus dem Umfeld eines Spitzels erfasst, sagte Birthler. Bis zu 15Personen seien unter einer Nummer notiert.
Die brisanten Daten waren nach der Wende auf ungeklärte Weise inden Besitz des amerikanischen Geheimdienstes CIA gelangt und im Zugeder Operation «Rosewood» (Rosenholz) in die USA gebracht worden. DieStasi hatte ihre Karteikarten noch selbst verfilmt. Birthler hält denWeg über den russischen Geheimdienst KGB am wahrscheinlichsten. DieRücklieferung sei nahezu abgeschlossen, sagte Birthler. Es könne abernicht ausgeschlossen werden, dass noch unbekannte Daten in den USAseien.
Nach Erkenntnissen der Birthler-Behörde sollen zuletzt rund 3000bis 3500 Bundesbürger und West-Berliner für das MfS als InoffizielleMitarbeiter (IM) gespitzelt haben. Außerdem habe die fürAuslandsspionage zuständige HVA rund 10 000 DDR-Bürger als Spitzelgeführt. Zudem waren rund 173 000 DDR-Bürger als IM bei der Stasi-Abwehr registriert.
Helmut Müller-Enbergs von der Forschungsabteilung sagte, erstmalsweltweit stünde ein Geheimdienst «so nackt» da. Die zurückgegebenenDaten seien nun bei der Entschlüsselung das zentrale Scharnierzwischen Quelle, Klarname und Registriernummer. Die «Rosenholz»-Daten können laut Birthler künftig wie andere Karteien des MfS nachdem Stasi-Unterlagengesetz als Findmittel genutzt werden.
