Bürgergeld Bürgergeld: Italien will Grundeinkommen einführen - Ähnlichkeiten zu Hartz IV

Berlin - Die neue Regierung Italiens verschreckt Europa. Lega und Fünf-Sterne-Bewegung wollen das Geld mit vollen Händen ausgeben, so heißt es, mit teuren Versprechen betören sie die Bevölkerung. Diese verantwortungslose Politik werde zu höheren Staatsdefiziten führen, wodurch Rom die EU-Regeln breche und eine neue Staatsschuldenkrise provoziere. Eines der besonders kritisierten Vorhaben der mal links-, mal rechtspopulistisch genannten Fünf-Sterne-Bewegung ist das so genannte Bürgergeld: Jeder Italiener erhält 780 Euro. Ein genauerer Blick jedoch zeigt: Hier handelt es sich nicht um ein bedingungsloses Grundeinkommen, sondern lediglich um ein schlechteres Hartz IV, mit dessen Einführung die Regierung zudem einer Forderung der EU nachkäme.
Krise und Stagnation der vergangenen Jahre haben die Einkommen der italienischen Haushalte um durchschnittlich zehn Prozent gedrückt. Der Anteil der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Personen liegt bei fast 30 Prozent. Etwa ein Fünftel aller Italiener lebt unter der Armutsschwelle – sie beträgt für einen Single-Haushalt 9500 Euro im Jahr. Die Arbeitslosigkeit beträgt elf Prozent.
Die soziale Absicherung ist eher bescheiden. Das Arbeitslosengeld ist bei 1300 Euro gedeckelt, mehr gibt es nicht. Maximale Bezugsdauer sind zwei Jahre, in der Realität allerdings erhalten es die meisten nur wenige Wochen oder Monate. Nach den höchstens zwei Jahren Unterstützung gibt es für die meisten Italiener vom Staat – nichts mehr. Ein System wie Hartz IV ist dort unbekannt. Letzter Rückhalt ist daher die Familie. Von den 25- bis 29-Jährigen Italienern wohnen zwei Drittel noch bei den Eltern.
Im Süden Italiens ist die Situation wesentlich härter, in den Regionen Calabria oder Campania liegt die Arbeitslosenquote über 50 Prozent. Und im Süden hat die Fünf-Sterne-Bewegung auch die meisten Stimmen bekommen. Denn die Partei hat ein Angebot: das Bürgereinkommen. Mit „780 Euro für alle“ hat es allerdings nichts zu tun.
Menschen sollen nicht zu tief unter die Armutsschwelle fallen
Die 780 Euro erhält ein Single, der kein weiteres Einkommen hat. Für eine vierköpfige Familie ohne Einkommen gibt es maximal 1950 Euro. Verdient der Single-Haushalt ein wenig, dann stockt der Staat das Einkommen bis auf 780 Euro auf. Ziel des Bürgereinkommens ist es also nur, dass die Menschen nicht zu tief unter die offizielle Armutsschwelle fallen. Laut Berechnungen wären neun Millionen Menschen bezugsberechtigt.
Einfach so erhält man das Staatsgeld allerdings nicht. Man muss dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, man muss aktiv und nachweislich nach Arbeit suchen, man muss auf Anweisung gemeinnützige Arbeiten ausführen, sich weiterbilden, und wer drei Jobangebote ablehnt, der verliert seinen Anspruch.
Insgesamt ähnelt das Bürgereinkommen also dem deutschen Hartz IV. Zwar ist es noch niedriger, stellt aber für italienische Verhältnisse einen echten Fortschritt dar und würde den Staat etwa 17 Milliarden Euro jährlich - 0,88 Prozent der Wirtschaftsleistung – kosten. Mit seiner Einführung käme Italien der Aufforderung von EU-Kommission und –Parlament nach, in allen EU-Mitgliedstaaten angemessene Mindesteinkommensregelungen einzuführen, um Menschen ein Leben zumindest an der Armutsgrenze zu ermöglichen. Das scheint nicht zu viel verlangt für ein Land, das gemessen an seiner Wirtschaftskraft weltweit an neunter Stelle steht.