Bundespräsident Bundespräsident: Bescheidener Empfang in Erfurt

Erfurt/dpa. - «Ich hatte schon die Befürchtung, Sie warten alleauf die Straßenbahn», begrüßte er die Gruppe, die ihm wohlwollendapplaudierte.
Die Thüringer Regierung hielt den Antrittsbesuch desBundespräsidenten in bescheidenem Rahmen. Ein kurzes Treffen mit demKabinett in der Staatskanzlei, eine Kaffeerunde mit denFraktionsvorsitzenden im Landtag, Eintrag ins Goldene Buch der Stadt,ein kleiner Bummel und ein Empfang mit etwa 80 verdienten Bürgern -Träger der Ehrenamtspreise - unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Bei der Ankunft vor der Staatskanzlei wartete nur eine Hand vollSchaulustiger - angelockt von dem Polizeiaufgebot, das überall inder Stadt verteilt war. Wulff wirkte angespannt. Mit mürrischemGesichtsausdruck folgte er der kurzen Ansprache vonMinisterpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU).
Dann spulte er routiniert sein Statement ab: Thüringen alsErfolgsmodell. Kein anderes Land habe die Chancen derWiedervereinigung so konsequent genutzt. Thüringen als gelungeneMischung aus Tradition und Moderne.
Als Wulff die Enttäuschung der Gastgeber spürte, dass er seineFrau nicht mitgebracht hatte, sagte er entschuldigend: «Sie muss sichzu Hause um das Kind kümmern.» Später versicherte er mehrfach, dasser noch vor Weihnachten mit ihr und den Kindern nach Erfurtzurückkehren werde - vor allem der Kinder wegen, die die Figuren desKinderkanals Ki.Ka. so lieben.
Beim Stadtrundgang ließ er sich denn auch bereitwillig mit derfast lebensgroßen Skulptur Bernd das Brot und dem Sandmannablichten. Diese Figuren im Miniaturformat gab ihm dann der ErfurterOberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) auch für die Familie mit.
Mit dem Wetter klarte sich im Laufe des Tages auch Wulffs Stimmungauf. Vor dem Rathaus verwickelte er einige Rentner in ein Gespräch.«Ihr größter Wunsch?» «Arbeit.» Und etwas mehr Rente dürfte es auchsein. Wulff nickte verständnisvoll. Wie hatte er zuvor in derStaatskanzlei gesagt? Die Ungleichheiten sind noch nicht allebeseitigt, «aber es ist schon unheimlich viel vorangegangen».
Als er das Rathaus betrat, rief ihm ein Mann «Viele Grüße ausOsnabrück» zu. Auch das war ein gelungener Anschluss an Wulffs zuvorgeäußerten Wunsch, dass sich Menschen aus Ost und West häufigertreffen müssten. «Sie haben den richtigen Urlaubsort gewählt, bleibenSie noch ein paar Tage», rief er zurück.
Bescheiden fielen auch die Geschenke für den Bundespräsidentenaus. Neben den Spielfiguren für seine Kinder bekam er alsWunderbohnen titulierte Puffbohnen, das Markenzeichen der ThüringerHauptstadt. In Erinnerung an Johann Wolfgang Goethe überreichte ihmLieberknecht eine Miniaturnachbildung vom «Stein des Guten Glücks»,der im Weimarer Ilmpark steht - eine Kugel auf einem Quader. AuchLandtagspräsidentin Birgit Diezel (CDU) suchte die Nähe zumDichterfürsten und überreichte dessen Lieblingsbaum - einen kleinenGinkgo. Wulff bedankte sich artig und sagte ohne ironischen Unterton:«Ein Bonsai-Ginkgo ist eine riesengroße Freude für mich.»