Bosnien-Herzegowina Bosnien-Herzegowina: Europäische Union übernimmt Kommando der Schutztruppe

Sarajevo/dpa. - Die Europäische Union löst mit ihrer bisher größten Militäraktion in Bosnien-Herzegowina die NATO ab. An diesemDonnerstag geht der vor neun Jahren begonnene erste Kampfeinsatz in der NATO-Geschichte zu Ende. Die NATO-geführte SFOR gibt das Kommando an die EUFOR ab. Die meisten der bisher 7000 Soldaten werden aber trotz dieses Wechsels weiter Dienst tun. Nur die rund 1000 US-Soldaten werden gegen finnische Verbände ausgetauscht. Der EU-Truppe gehören aber weiter Soldaten aus der Türkei und Kanada an.
«EUFOR besitzt die Fähigkeit und den Willen, mutmaßlicheKriegsverbrecher in Bosnien-Herzegowina zu fassen», kündigte ihrneuer Befehlshaber, der britische Generalmajor David Leakey, inSarajevo an. Das besondere Augenmerk gelte dem seit neun Jahrenuntergetauchten früheren Führer der bosnischen Serben, RadovanKaradzic, sowie dessen Militärchef Ratko Mladic. Die Anklage im UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag hatte wiederholt kritisiert, dieSFOR habe als Kriegsverbrecher Angeklagte nicht ernsthaft verfolgt,weil es am politischen Willen der NATO fehle.
Ob die EUFOR in dieser Frage mehr Erfolg als ihre Vorgängerinhaben wird, ist für viele Beobachter zweifelhaft. Denn trotz desoffiziellen Stabwechsels spielt die NATO im ehemaligenBürgerkriegsland Bosnien weiter eine zentrale Rolle. Denn wichtigeAufklärungsarbeiten und die strategische Planung werden weiter inVerantwortung des Militärbündnisses abgewickelt und der EUFOR zurVerfügung gestellt. Die NATO wird darüber hinaus einVerbindungszentrum in Sarajevo behalten, in dem auch rund 250 US-Soldaten stationiert werden.
Die EU-geführte Truppe hat sich aber noch viel mehr vorgenommen.«EUFOR wird daneben auch die kriminellen Netze und das OrganisierteVerbrechen bezwingen», versicherte Leakey. Nach übereinstimmenderDarstellung internationaler Organisationen können sich die gesuchtenKriegsverbrecher gerade auf diese kriminellen Banden stützen, um sichihren Häschern zu entziehen. Danach werden weite Landstriche voneinem Verbund von Politikern, Kriminellen und mutmaßlichenKriegsverbrechern regelrecht beherrscht.
Die NATO hatte das Ende des Bürgerkrieges noch mit 60 000 Soldatengesichert. Am 28. Februar 1994 hatten NATO-Kampfflieger vierserbische Flugzeuge abgeschossen, die in die von den VereintenNationen bestimmte Flugverbotszone eingedrungen waren. Das waren dieersten Schüsse, die jemals von der Allianz abgegeben wurden. Heutewird nicht mehr scharf geschossen. Vielmehr steht im Zentrum von EUund NATO in den nächsten Jahren die Reform des Militärapparates imLande, damit Bosnien-Herzegowina dem NATO-Programm «Partnerschaft fürden Frieden» und später dem Bündnis selbst beitreten kann.
