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Beispielloses Hilfspaket Beispielloses Hilfspaket: EU stellt Ukraine Milliardenhilfen in Aussicht

Von Detlef Drewes 06.03.2014, 10:51
In Bulgariens Hauptstadt Sofia haben Sympathisanten Figuren eines alten Kämpfer-Denkmals in den Farben der Ukraine und Polens angemalt.
In Bulgariens Hauptstadt Sofia haben Sympathisanten Figuren eines alten Kämpfer-Denkmals in den Farben der Ukraine und Polens angemalt. rtr Lizenz

Brüssel/MZ - Es ist eines der größten Hilfspakete, das die EU jemals für einen Nachbarn außerhalb der Union geschnürt hat: Mehr als elf Milliarden Euro wollen die 28 Mitgliedsstaaten in den nächsten Jahren für den Wiederaufbau der Ukraine bereitstellen. Davon sollen alleine drei Milliarden Euro an Zuschüssen (1,4 Milliarden Euro) und Krediten (1,6 Milliarden) kurzfristig verfügbar gemacht werden. Bis 2016 steuert die Europäische Investitionsbank (EIB) weitere drei Milliarden Euro an Darlehen bei. Die restlichen fünf Milliarden setzen sich aus Einzelbeträgen der verschiedenen Fonds zusammen.

Gefahr für Stabilität

Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte gestern bei der Vorstellung des Programms: „Wir wollen helfen, die wirtschaftliche und finanzielle Lage der Ukraine zu stabilisieren.“ Eine solche Kraftanstrengung sei nötig, denn „dies ist das erste Mal seit vielen Jahren, dass wir in Europa wieder eine wirkliche Gefahr für die Stabilität und den Frieden spüren“. Wenn die Staats- und Regierungschefs beim heutigen Sondergipfel in Brüssel zustimmen, könnte die Ukraine neben den Zuwendungen, Krediten und Bürgschaften auf weitere Erleichterungen hoffen, die man üblicherweise den offiziellen Beitrittskandidaten vorbehält.

So soll die Visa-Pflicht schon in Kürze entfallen. Die ukrainische Wirtschaft könnte von Zöllen in Höhe von einer halben Milliarde Euro befreit werden. Landwirte dürfen ihre Produkte auf den EU-Markt bringen - ebenfalls ohne Zollaufschläge, was die Landwirte um noch einmal 400 Millionen entlasten würde. Gut 600 Millionen Euro stünden bereits „in den nächsten Wochen“ bereit, so Barroso. Dass die Staats- und Regierungschefs zustimmen, wird in Brüssel nicht bezweifelt. „Wir sind entschlossen“, hieß es aus diplomatischen Kreisen. Dennoch dürfte das Krisentreffen keineswegs ohne Streit über die Bühne gehen.

Die Europäische Union friert die Konten von 18 Ukrainern ein, die ukrainisches Staatsgeld ins Ausland geschafft haben sollen. Die Sanktionen zielten auch darauf, dieses Geld einzuziehen, heißt es in einer offiziellen Erklärung aus Brüssel. Die Namen der Betroffenen sollen heute im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden.

Unklar blieb zunächst, ob die Sanktionen auch auf den entmachteten Präsidenten Viktor Janukowitsch oder Angehörige seiner Familie zielen. Der ukrainischen Elite wird vorgeworfen, sich bereichert und viel Geld ins Ausland geschafft zu haben. (afp)

Am Runden Tisch sitzen sich Vertreter einer moderaten Linie (wie Deutschland) und Befürworter harter Sanktionen (wie Großbritannien und die baltischen Staaten) gegenüber. Ein vorab bekannt gewordenes Papier des britischen Regierungschefs David Cameron enthält Forderungen für Reiseverbote, die man gegen russische Offizielle verhängen könnte. Handelsstrafen will der Premier dagegen vermeiden - aus Angst vor der Abwanderung russischer Investoren vom Finanzplatz London. Beobachter rechnen damit, dass das europäische Führungspersonal es am Ende doch bei scharfen Appellen ohne drakonische Maßnahmen belassen könnte. Zu intensiv sind die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen Moskau und der EU, zu gefährlich dürften auch eventuelle Gegenreaktionen des Kremls sein. „Wir werden unseren Standpunkt klarmachen“, betonte gestern ein EU-Diplomat. „Aber wir werden uns nicht selber schaden wollen.“

Deutlicher Ton

Damit könnte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Ende durchsetzen, die - wie auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) - dafür plädiert, deutlich im Ton zu sein, ohne Schritte einzuleiten, die den Gesprächsfaden mit Russland reißen lassen. Dass die EU bereits die laufenden Gespräche mit Russland über eine visafreie Einreise ausgesetzt hat, dürfte Präsident Wladimir Putin zwar ärgern, aber nicht wirklich treffen. Er hatte ohnehin jahrelang warten müssen, ehe Brüssel zustimmte. Nun wird der freie Zugang zur Union eben noch ein wenig länger auf sich warten lassen.

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