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Baden-Württemberg Baden-Württemberg: Facebook-Einträge kosten Ministerialdirektor den Kopf

Von Karoline von Graevenitz und Matthias Jekosch 19.04.2012, 20:40
Die Facebook-Einträge des Ministerialdirektors im Finanz- und Wirtschaftsministerium von Baden-Württemberg, Daniel Rousta, sorgen für Empörung. (FOTO: DPA)
Die Facebook-Einträge des Ministerialdirektors im Finanz- und Wirtschaftsministerium von Baden-Württemberg, Daniel Rousta, sorgen für Empörung. (FOTO: DPA) dpa

Stuttgart/dapd. - DerSPD-Politiker hatte auf seiner Facebook-Seite unter anderem die FDPangegriffen. In Reaktion auf einen Magazinbericht über die Parteihatte er gepostet: «Netter kleiner 'Shitstorm' der da gerade überdie FDPisser hereinbricht.» Roustas Rauswurf sei beschlossene Sache,sagte am Donnerstag ein führender Sozialdemokrat dem «Spiegel». «Erist nächste Woche nicht mehr im Amt.»

Die Opposition forderte am Donnerstag Roustas Entlassung. AuchFinanzminister Nils Schmid (SPD) zeigte sich empört: «Ichmissbillige ausdrücklich die privaten Postings von Daniel Rousta,sie sind eines Beamten unangemessen.» Rückendeckung erhielt der38-Jährige aus der Wirtschaft.

Schmid sagte, er werde mit Rousta am Samstag nach dessen Rückkehraus Russland ein «Gespräch über die Konsequenzen aus diesemFehlverhalten» führen, denn jeder Mitarbeiter habe das Recht, vomDienstvorgesetzten persönlich angehört zu werden. Die Facebook-Seitesei ganz klar privat, erklärte ein Ministeriumssprecher aufNachfrage.

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe löschte Rousta am Mittwoch seineÄußerung zur FDP und entschuldigte sich. Er habe nach dem Scheiternder Schlecker-Transfergesellschaft wegen der Verweigerung derFDP-mitregierten Länder seinem Ärger auf Facebook Luft gemacht. «Indem einen Fall ist mir einfach der Gaul durchgegangen - Sorry, HerrRülke, Sorry Liberale dieser Welt», schrieb er. Auf dapd-Nachfragesagte er, er habe seiner Entschuldigung nichts hinzuzufügen.

Zwtl.: Grün-Rot gegen Diskussion im Landtag

Am Donnerstagnachmittag war auf der Seite allerdings noch einKommentar zu einem Plakat von «Stuttgart 21»-Gegnern zurVolksabstimmung zu lesen: «Ich überlege, mit einer Flüstertüte durchden Ort zu fahren: »Bürrrger von Pfrrrondorrff! Ihr könnt aus demBunkerrr kommen, der Krieg ist vorrrbei. Die Sparkasse tauscht EureReichsmark direkt in Euro.«

Dies hält die CDU-Fraktion für besonders skandalös. Aus Sicht vonFraktionschef Peter Hauk ist das Verhalten von Rousta für dieLandesverwaltung nicht tragbar. »Als Spitzenbeamter hat er nicht nureine Vorbildfunktion, sondern auch Pflichten, an die sich jederBeamte halten muss«, erklärte der CDU-Politiker. Sowohl RoustasÄußerungen als auch das Verfassen privater Einträge auf seiner durchdas Landeswappen offiziell wirkenden Seite sei in seiner Funktionals Ministerialdirektor »ungeheuerlich«.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke erklärte, Roustahabe Baden-Württemberg großen Schaden zugefügt. »Damit der Schadennicht noch größer wird, muss Finanz- und Wirtschaftsminister Schmidsofort handeln.« Sollte er dies nicht tun oder das Handeln seinesMinisterialdirektors sogar tolerieren, sei MinisterpräsidentWinfried Kretschmann (Grüne) gefordert.

Die CDU-Fraktion brachte am Donnerstag im Stuttgarter Landtageinen Antrag auf Entlassung Roustas ein. Die Regierungsfraktionenlehnten jedoch mit ihrer Mehrheit ab, darüber im Plenum zudiskutieren, eine Eilbedürftigkeit bestehe nicht. Hauk erklärtedaraufhin, es dränge sich der Eindruck auf, die Regierungsfraktionenwollten dieses unglaubliche Verhalten decken. Dies sei einmalig inder Geschichte der Landtags.

Der Politiker leitet derzeit eine Delegation von 27Unternehmensvertretern auf einer Reise durch Russland. Der Sprecherder Unternehmer und Geschäftsführer des einflussreichenbaden-württembergischen Verbandes Deutscher Maschinen- undAnlagenbau (VDMA), Ulrich Hermani, sagte, die Delegation stelle sichvoll hinter Rousta.

»Er hat sich als ganz kompetenter Sachwalter derbaden-württembergischen Industrie erwiesen«, sagte Hermani. Erschätze Rousta, »weil er es verstanden hat, wesentliche Dialoge imLand anzustoßen«.

Der aus Tübingen stammende Rousta leitete die Kampagne der SPDzur Landtagswahl in Baden-Württemberg. Zuvor war er Geschäftsführerdes Netzwerk Berlin der SPD im Deutschen Bundestag.