Attentat auf Djerba Attentat auf Djerba: TUI will außergerichtliche Einigung über Schmerzensgeld

Hannover/dpa. - Im Streit um Schmerzensgeld für ein fünfjähriges Opfer des Terroranschlags von Djerba will die TUI nochmals außerhalbdes Gerichtssaals mit der Familie des Jungen sprechen. Der schwer verletzte Adrian Esper hatte die TUI-Tochter 1-2-Fly vor dem Landgericht Hannover auf 100 000 Euro Schmerzensgeld, eine monatliche Rente und Betreuungskosten verklagt. «Der Reiseveranstalter hat seine Informationspflicht verletzt», sagte der Vater des Jungen, Michael Esper, in der einstündigen Verhandlung vor der Zivilkammer am Mittwoch. Richterin Britta Knüllig-Dingeldey deutete allerdings bereits an, dass die Klage wenig Aussicht auf Erfolg habe.
TUI-Anwalt Alfred Pesch wies die Forderungen der Familie vehementzurück, kündigte als humanitäre Geste aber die Bereitschaft zuVergleichsgesprächen an: «Diese lehnen wir nicht unter allenUmständen ab.» Der kleine Adrian war nicht zum Prozess gekommen. DieEntscheidung soll am 27. Oktober verkündet werden.
Familie Esper aus Bergkamen in Nordrhein-Westfalen hatte am 11.April 2002 bei einem Tagesausflug die Synagoge La Ghriba besucht. Vordem Gebäude ließen Terroristen einen Tankwagen explodieren. 22Menschen starben, Adrian erlitt schwerste Verbrennungen an 40 Prozentseiner Haut. «Er wird sein Leben lang auf Hilfe angewiesen sein»,sagte Richterin Knüllig-Dingeldey. «Das Gericht wird prüfen müssen,ob TUI ein schuldhaftes Verhalten vorzuwerfen ist.» Dabei sei zuberücksichtigen, dass das Auswärtige Amt unmittelbar vor dem Anschlagnur vor Kleinkriminalität in Touristenhochburgen gewarnt hatte.Außerdem hätten zahlreiche Reiseveranstalter regelmäßig Tagesausflügeauf Djerba organisiert.
Dagegen meinen die Espers, schon in den Wochen vor dem Anschlag,zu dem sich das Terrornetzwerk El Kaida bekannt hatte, seienTouristenbusse angegriffen worden. Durch seine Mitarbeiter vor Orthätte das Tochterunternehmen des weltgrößten Touristikkonzerns TUIdavon wissen und die Urlauber warnen müssen. «Wenn wir dieseInformation gehabt hätten, wären wir nicht zur Synagoge gefahren»,erklärte Michael Esper.
TUI-Anwalt Alfred Pesch widersprach: «Die von Ihnen beschworenenUnruhen hat es in Tunesien nicht gegeben.» Aus der Sicht von TUIgehören Terror-Anschläge seit dem 11. September 2001 zum «allgemeinenLebensrisiko». Auch Richterin Knüllig-Dingeldey meinte: «Man wirdmöglicherweise sagen müssen - auch wenn es sich brutal anhört - dasssich hier ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht hat.»
Vor der Verhandlung hatten sich die Espers und der Reisekonzernnicht gütlich einigen können. Das einzige Gespräch war ergebnislosabgebrochen worden. «Ich werde keinen Vergleichsvorschlag machen, dahier keine Einigung möglich scheint», sagte Richterin Knüllig-Dingeldey zum Ende der Verhandlung. Bis zur Verkündung derEntscheidung am 27. Oktober haben aber beide Seiten Zeit, erneutmiteinander zu sprechen.
«Einen Vergleich kann man sich immer vorstellen», meinte TUI-Anwalt Pesch. Allerdings sei eine grundsätzliche juristische Klärungfür alle Reiseveranstalter in Deutschland wichtig. Adrian Esper hatbereits 250 000 Euro aus einem Opferfonds der Bundesregierung und100 000 Euro vom tunesischen Hoteliersverband erhalten.