Anschlag in Nizza Anschlag in Nizza: Deutsch-Französisches Fest in Berlin wird Samstag fortgesetzt

Auf den ersten Blick ist alles wie sonst am Brandenburger Tor. Am Freitagnachmittag kurven Bierbikes übers Pflaster, warten Kutschen auf Gäste, preisen Reiseführer ihre Touren an. Doch über dem Eingang zur französischen Botschaft wehen die Trikolore und die blaue Flagge der EU auf Halbmast.
An den rot-weißen Absperrgittern etwa 50 Meter von der Glastür des Eingangs entfernt legen Menschen Blumen nieder. Weiße Chrysanthemen, rote Rosen, gelbe Sonnenblumen. Dazwischen brennen Grablichter. Eine schwarz-rot-goldene Girlande, Überbleibsel der Fußball-EM, ist um das Gitter geschlungen. Auf einem Plakat daneben hat jemand geschrieben „Pray for Nizza“.
„Mehr als 80 Tote, schon wieder“, sagt Guillaume Heritier leise. Der 26-jährige Jurist aus Paris, der in Berlin eine Internetzeitung für hier lebende Franzosen betreibt, ist gekommen, um gemeinsam mit anderen Menschen zu trauern. Er sagt: „Rund 150 Tote hat der Terror allein voriges Jahr in Frankreich gefordert. Es ist schlimm, wenn Terror zur Gewohnheit wird.“
Wieder einmal Frankreich
Einige Touristen wissen noch nichts vom jüngsten Anschlag. „Was ist passiert?“, fragt ein älterer Mann auf Englisch. Als er es erfährt, schüttelt er stumm den Kopf. Er bleibt vor der Botschaft stehen und verbeugt sich. Beim Weitergehen wischt er sich Tränen vom Gesicht. Auch Familie Fritz aus Arnsberg im Sauerland erfährt erst jetzt von dem Anschlag. „Es ist grausam, wieder einmal Frankreich“, sagen sie.
Vor dem Brandenburger Tor ist eine Bühne aufgebaut – für das „Deutsch-Französische Fest 2016“ anlässlich des französischen Nationalfeiertages, das am Freitagmittag beginnen sollte. Überall auf dem Pariser Platz stehen Holztische und Bänke. Viele sind noch in Plastikplanen gehüllt. So, als habe jemand damit begonnen, sie auszupacken, dann aber damit aufgehört. Genauso war es auch, wie Bertrand Jannetté sagt, der das Fest im Auftrag der Botschaft organisiert: „Wir haben am frühen Vormittag beschlossen, dass das Fest heute abgesagt wird.“
Um 14 Uhr betreten der französische Botschafter Philippe Etienne und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller die Bühne. Eigentlich wollten sie das Volksfest eröffnen, nun drücken sie Trauer über den jüngsten Terrorakt aus. „Wieder einmal wurden in unserem Land die Symbole der Republik angegriffen – Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“, sagt der Botschafter. Man sei geschockt, werde aber der Erpressung durch die Terroristen, die genau auf diese Werte zielten, nicht nachgeben.
Zeichen gegen den Terror
Auch Müller zeigt sich bestürzt: „Wir wollten heute den Nationalfeiertag unserer Freunde feiern, doch aus dem fröhlichen Fest ist ein Tag der Trauer geworden.“ Jetzt sei man gekommen, um sich unterzuhaken, damit niemand allein sein müsse. In Gedanken sei man bei den Angehörigen der Opfer. Den Anschlag von Nizza bezeichnet der SPD-Politiker als „Angriff auf unsere Art zu leben, auf unsere Freiheit, unsere Werte und unsere Demokratie.“ Auch wenn die Wut groß sei, dürfe man Hass nicht mit Hass begegnen.
Den gut 350 Menschen vor der Bühne ruft er zu: „Lassen wir uns unser freies, tolerantes Leben nicht kaputt machen!“ Ein Zeichen dafür soll an diesem Sonnabend gesetzt werden. Fast trotzig klingt es, als Botschafter Etienne ankündigt, man werde feiern. Um 12 Uhr soll das Fest starten. Im Gedenken an die Opfer und mit Widerstandskraft gegen den Terror.