Anschlag auf Weihnachtsmarkt Anschlag auf Weihnachtsmarkt: Was das Attentat von Straßburg mit Deutschland zu tun hat

Berlin - Horst Seehofer zeigte sich am Mittwoch „erschüttert“. Das Attentat auf den Weihnachtsmarkt von Straßburg sei „wieder ein schrecklicher Vorfall“, sagte der Bundesinnenminister. Und er könne nur seine Anteilnahme gegenüber den Angehörigen ausdrücken und den Verletzten wünschen, dass sie wieder genesen.
Zahlreiche andere deutsche Politiker schlossen sich dem CSU-Politiker an, meist via Twitter. Unterdessen sind die Bezüge des Vorfalls im Elsaß offenkundig – und das nicht allein, weil es so dicht an Deutschland liegt.
Chérif C. war der Polizei bekannt
Dies hat damit zu tun, dass der 29-jährige Täter Chérif C. in Baden-Württemberg kriminell auffällig wurde. So war der französische Staatsbürger mit nordafrikanischen Wurzeln in eine Zahnarztpraxis in Mainz und in eine Apotheke in Engen im Süden Baden-Württembergs eingedrungen und daraufhin vom Amtsgericht Singen zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden.
Er saß zunächst in Konstanz in Untersuchungshaft, bevor er nach der Verurteilung in das Gefängnis von Freiburg kam, dort einen Teil der Strafe verbüßte und 2017 nach Frankreich abgeschoben wurde.
Einen deutschen Wohnsitz außerhalb der Gefängnisse habe der Mann nie gehabt, betonte Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU). Auf die Frage, warum der Attentäter in Frankreich als Gefährder eingestuft war, aber nicht in Deutschland, verwies Seehofer auf dessen deutsche Staatsbürgerschaft. Es mache einen Unterschied, ob jemand nur kurze Zeit oder ständig in einem Land gelebt habe und auch einer „ganz anderen Überprüfung und Beobachtung unterzogen wurde“.
Profil von Anis Amri ähnelt dem des Tatverdächtigem
Ein weiterer Bezugspunkt zu Deutschland besteht in der Flucht, auf der Chérif C noch ist und von der bisher niemand sagen kann, wo er sich aufhält – in Deutschland, Frankreich oder anderswo. Die Sicherheitsmaßnahmen entlang der deutsch-französischen Grenze wurden nach dem Anschlag jedenfalls verschärft. Die Bundespolizei war ebenso involviert wie das Bundeskriminalamt.
Und schließlich gibt es Ähnlichkeiten zwischen dem Straßburger Fall und dem Attentat vom Berliner Breitscheidplatz am 19. Dezember 2016.
Denn wie Cherif C. war der Tunesier Anis Amri vor dem Anschlag allgemeinkriminell aufgefallen. Wie er saß er in einem anderen Land deshalb im Gefängnis, in diesem Fall in Italien. Und wie Cherif C. konnte Anis Amri fliehen, bevor er wiederum in Italien erschossen wurde.
Überhaupt ähnelt sich das Profil der beiden. In deutschen Sicherheitskreisen war am Mittwoch mit Blick auf den Franzosen von einem Intensivtäter die Rede, der sich zum Islamisten entpuppte, aber kein Selbstmordattentäter sei, sondern tötete und anschließend floh nach dem Motto: „Ich zeige Euch mal, was ich kann.“ Das alles lässt sich über Amri ebenso sagen.
„Terror ist mindestens ein europäisches Problem“
In Deutschland lediglich als gewöhnlicher Krimineller geführt
Obwohl die Sicherheitslage in Deutschland im Vergleich zu 2016 als relativ entspannt gilt, wird deshalb auch längst über Konsequenzen debattiert – mit einer in der großen Koalition ähnlichen Stoßrichtung.
Der Vorsitzende des Anis Amri-Untersuchungsausschusses des Bundestages, Armin Schuster (CDU), sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Terror ist nicht auf ein Land begrenzt. Es ist mindestens ein europäisches Problem. Dafür ist Straßburg ein Musterbeispiel. Deshalb brauchen wir neben dem Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum (GTAZ) in Deutschland ein europäisches Terrorabwehrzentrum.“
Wie groß die Herausforderung ist, ist Schuster bewusst. Denn allein im GTAZ sind 40 Sicherheitsbehörden aus Bund und Ländern versammelt. Würde die EU ein ähnliches Modell einführen, wären es wohl noch mehr.
SPD-Innenexperte Burkhard Lischka schloss sich dem Kollegen an. „Der Anschlag von Straßburg hat leider erneut gezeigt, dass die Zusammenarbeit beim Thema Gefährder in Europa nicht vernünftig funktioniert“, sagte er dem RND. Während die französischen Behörden Chérif C. als Gefährder geführt hätten, sei er in Deutschland lediglich als gewöhnlicher Krimineller registriert worden. Nötig sei ein europäisches GTAZ, so Lischka, um derlei Missstände abzustellen. (RND)