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Ahmadinedschad legt Amtseid ab

05.08.2009, 18:37

Teheran/dpa. - Begleitet von neuen Protesten gegen seine Wiederwahl hat der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad am Mittwoch den Eid für eine zweite vierjährige Amtszeit abgelegt.

Er kündigte an, seine harte Haltung gegenüber dem Westen nicht aufgeben zu wollen. Vor dem Parlament und an einigen Stellen in der Hauptstadt Teheran gab es vereinzelt Demonstrationen von Anhängern der Opposition.

Sie riefen Slogans wie «Tod dem Diktator» und warfen dem Präsidenten erneut Wahlbetrug vor. Die Polizei trieb sie umgehend mit Pfefferspray auseinander, wie Augenzeugen berichteten. Es habe auch Festnahmen gegeben. Knapp acht Wochen nach der Abstimmung waren zu der Vereidigungszeremonie Hundertschaften von Polizei und regierungstreuen Basidsch-Milizen im Umkreis um das Parlamentsgebäude in Stellung gegangen.

Angesichts der Begleitumstände der umstrittenen Wiederwahl verzichtete Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf das übliche Glückwunschschreiben an Ahmadinedschad. Auch andere EU-Staaten schlossen sich dem an. Nach Angaben des Außenministeriums in Stockholm nahm Schwedens Botschafter Magnus Wernstedt, dessen Land gegenwärtig den EU-Ratsvorsitz hat, jedoch wie geplant an der Vereidigung Ahmadinedschads teil. Wie ein Sprecher weiter mitteilte, waren auch die EU-Länder Großbritannien, Spanien und Frankreich durch ihre Botschafter vertreten.

Deutschland wurde nach Angaben der Bundesregierung durch einen «niederrangigen Vertreter» repräsentiert. Die Entsendung des Botschafters durch Schweden geht nach Angaben des Auswärtigen Amtes auf eine Abstimmung innerhalb der EU zurück. Die Entscheidung sei im EU-Kreis «unwidersprochen hingenommen» worden, sagte ein AA-Sprecher. Zugleich machte die Bundesregierung deutlich, dass sie weiterhin Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Wahl hat. Erneut verlangte sie die Freilassung aller festgenommenen Demonstranten.

Der erzkonservative Präsident muss jetzt innerhalb von zwei Wochen dem Parlament sein neues Kabinett zur Billigung vorstellen. Ahmadinedschad war nach der umstrittenen Wahl vom 12. Juni offiziell zum Sieger erklärt worden. Die Opposition spricht dagegen von Fälschung und erkennt die Wahl nicht an. Bei den zum Teil gewaltsam niedergeschlagenen Protesten waren bis zu 30 Menschen getötet worden. Mehr als 1000 wurden festgenommen. Viele von ihnen wurden zwischenzeitlich freigelassen, über 100 müssen derzeit vor Gericht verantworten.

Der bei den Wahlen unterlegene Mir Hussein Mussawi bekräftigte seine Kritik an dem Prozess, der an diesem Donnerstag fortgesetzt werden soll. Das Verfahren mache die großen Probleme deutlich, unter denen der Iran derzeit leide. «Wir müssen lernen, auch andere Meinungen zu tolerieren», sagte Mussawi. Ein für Donnerstag anberaumter zweiter Verhandlungstag im Prozess gegen über 100 Oppositionelle wurde unterdessen verschoben, das Verfahren soll nun erst am Samstag fortgesetzt werden, wie die amtliche Nachrichtenagentur IRNA unter Berufung auf informierte Kreise berichtete.

Ahmadinedschad sagte nach seiner Vereidigung an die Adresse des Westens: «Niemand im Iran wartet auf irgendwelche Glückwünsche von Euch.» Einige westliche Mächten hätten durch ihre Einmischung in den Wahlprozess ihre Glaubwürdigkeit verspielt, fügte er hinzu. Ohne auf die Proteste einzugehen, erklärte er, die große Wahlbeteiligung sei eine Bestätigung des politischen Kurses der vergangenen vier Jahre.

«Wer für wen stimmt, ist unerheblich. Wichtig ist, jetzt das Nationalgefühl hochzuhalten und Hand in Hand einen Schritt in Richtung auf neue Horizonte und bedeutenden Wandel zu machen», sagte Ahmadinedschad. Das Land werde dem Westen noch entschlossener die Stirn bieten und keinem Druck nachgeben. Die Führung in Teheran hatte zuvor erklärt, sie werde im Streit um ihr Atomprogramm nur noch mit der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA in Wien verhandeln und nicht mehr mit den fünf Vetomächten im Weltsicherheitsrat plus Deutschland. Die Internationale Gemeinschaft befürchtet, dass der Iran heimlich nach der Atombombe strebt. Teheran hat das stets zurückgewiesen.

Die Grünen kritisierten die Teilnahme von deutschen und EU- Vertretern an der Vereidigung als «Armutszeugnis» der europäischen Außenpolitik. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sprach von einem «verheerenden Signal» an die Opposition im Iran. Der außenpolitische Sprecher der Fraktion der Europäischen Volkspartei im Europaparlament, Elmar Brok (CDU), hatte Schweden als EU- Ratspräsidenten aufgefordert, von einer Teilnahme an der Vereidigung abzusehen.

Angesichts des Drucks iranischer Sicherheitskräfte auf Mitarbeiter ausländischer Firmen sehen deutsche Firmen die Entwicklung im Iran nun deutlich skeptischer, als bislang. «Repressalien der iranischen Regierung gegenüber ausländischen Unternehmen werden die Verunsicherung in der deutschen Wirtschaft hinsichtlich ihrer Iran-Geschäfte weiter verstärken», sagte Axel Nitschke, Leiter der Außenwirtschaftsabteilung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), dem «Handelsblatt» (Donnerstag).