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Afghanistan Afghanistan: Merkel reist in kugelsicherer Weste durch Kabul

03.11.2007, 17:08
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geht am Samstag vor ihrem Abflug zum Flughafen mit einem CH-53-Hubschrauber im ISAF-Hauptquartier in Kabul auf eine Gruppe von Soldaten zu. (Foto: dpa)
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geht am Samstag vor ihrem Abflug zum Flughafen mit einem CH-53-Hubschrauber im ISAF-Hauptquartier in Kabul auf eine Gruppe von Soldaten zu. (Foto: dpa) dpa

Kabul/dpa. - Nach einem Gespräch mit Präsident Hamid Karsai würdigte Merkel am Samstag in Kabul, dass die Afghanen zur Übernahme von mehrVerantwortung bereit seien und dies unterstützt werden müsse.

Eine Ausdehnung des Bundeswehr-Einsatzes in den Süden lehnte siebeim anschließenden Besuch deutscher Soldaten im Norden des Landesabermals ab. Auf die Frage, wie lange die Bundeswehr noch inAfghanistan bleiben werde, sagte sie jedoch: «Sicherlich keine ganzkurze Zeit.» Die lange geheim gehaltene 24-Stunden-Reise war dererste Besuch Merkels in dem Land, in dem derzeit 3100 deutscheSoldaten und zahlreiche zivile Aufbauhelfer ihren Dienst tun.

Der Bundestag hatte erst Mitte Oktober das Mandat für die deutscheISAF-Truppe verlängert, deren Auftrag die militärische Absicherungdes Wiederaufbaus Afghanistans ist. Am Mittwoch (7. November) wirdsich das Kabinett mit der Verlängerung der deutschen Beteiligung andem US-geführten Anti-Terror-Einsatz «Operation Enduring Freedom»(OEF) befassen. Endgültig vom Bundestag beschlossen werden soll dasMandat für die weitere deutsche OEF-Beteiligung am 15. November.

Für den Merkel-Besuch in Afghanistan wurden umfangreiche Maßnahmengetroffen, um die Sicherheit der Kanzlerin zu gewährleisten. Bis zurLandung in Kabul war nur ein ganz kleiner Personenkreis eingeweiht.Merkel trug bei den Flügen und Fahrten zwischen dem ISAF-Hauptquartier, dem Präsidentenpalast und dem Flughafen eineSplitterschutzweste. Autofahrten auf den gefährlichen Straßen Kabulswurden soweit wie möglich vermieden. Die Strecke vom militärischenTeil des Flughafens in die Innenstadt legte Merkel mit einem Militär-Hubschrauber zurück, der noch eigens von amerikanischenKampfhubschraubern gesichert wurde.

Bei einem der Hubschrauberflüge und beim Transall-Flug von Kabulnach Masar-i-Scharif löste sich jeweils der Selbstschutzmechanismusder Maschinen gegen Raketen aus. Dabei werden Täuschungsflugkörperabgeschossen. Grund für den automatischen Vorgang könnte jeweils eineSpiegelung gewesen sein. Zwischendurch sorgten auch Berichte übereinen möglicherweise geplanten Selbstmordanschlag im Ausfahrtbereichdes Kabuler Flughafens für Aufregung. Dort sei ein Verdächtigerfestgenommen worden, hieß es in Masar-i-Scharif in der Delegation.Die Kabuler Polizei wies die Berichte entschieden zurück. Es habekeine Festnahmen gegeben.

Nach ihrem Treffen mit Karsai in seinem streng abgeriegeltenPalast bezeichnete es Merkel als Ziel der deutschen Politik,Afghanistan «Schritt für Schritt» mehr in die Lage zu versetzen, seinSchicksal in die eigene Hand zu nehmen. Der Wiederaufbau des Landesmüsse stärker «ein afghanisches Gesicht» bekommen. Sie seheFortschritte in dem Land, aber auch Probleme. Karsai dankteDeutschland für die jahrelange, «selbstlose Hilfe». «Wir Afghanenwissen alle, dass Deutschland einer der alten guten Freunde ist.»

Als Schlüssel für eine weitere Stabilisierung des Landes siehtMerkel die Stärkung der Polizei an. Sie will sich persönlich dafüreinsetzen, dass mehr Ausbilder nach Afghanistan entsandt werden.Derzeit sind 42 deutsche Ausbilder vorgesehen. «Wir wollen schauen,ob wir im Rahmen der Haushaltsberatungen hier noch einmal einenAkzent setzen können», sagte Merkel. Nach ihrem offiziellen Treffenbesuchten Merkel und Karsai Schülerinnen und Schüler in der Amani-Oberschule in Kabul, die mit deutscher Hilfe wiederaufgebaut wurde.

Auf die Frage nach einem dauerhaften Einsatz der Bundeswehr imumkämpften Süden Afghanistans, sagte Merkel am Rande desTruppenbesuchs in Masar-i-Scharif, man werde zwar Bündnispartnern inder Not beistehen. Es wäre aber ein Fehler, wenn Deutschland seineMission im Norden nicht im bisherigen Umfang fortsetzen würde. Merkelsagte auf die Frage nach der Dauer des Bundeswehreinsatzes, es müsseein Plan entwickelt werden, nach dem afghanische Sicherheitskräftedie Dinge selbst übernehmen könnten.

Die Kanzlerin wollte mit ihrem Besuch vor allem ihren Dank an diedeutschen Soldaten und die deutschen Entwicklungshelfer ausdrücken.In Masar-i-Scharif ließ sie sich von Bundeswehrsoldaten über ihreProbleme berichten. Zuletzt hatte mit Gerhard Schröder im Herbst 2004ein deutscher Regierungschef Afghanistan besucht.

Der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion Werner Hoyererklärte, wenn Merkel Ende der Woche US-Präsident George W. Bushbesuche, müsse sie auf eine Gesamtstrategie für Afghanistan dringen.Wolfgang Gehrcke, Obmann der Linksfraktion im Auswärtigen Ausschussdes Bundestages, kritisierte: «Dieser Blitzbesuch erfüllt nur einenZweck - öffentlich zu demonstrieren, dass Deutschland seine Truppennicht zurückziehen wird.»