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10 Jahre Angela Merkel im Amt 10 Jahre Angela Merkel im Amt: Das bewegte Jahrzehnt der Bundeskanzlerin

Von Daniela Vates 20.11.2015, 09:25
Die Vereidigung von Bundeskanzlerin Angela Merkel am 22. November 2005
Die Vereidigung von Bundeskanzlerin Angela Merkel am 22. November 2005 dpa Lizenz

Berlin - Am Sonntag ist Angela Merkel seit zehn Jahren Bundeskanzlerin. Am 22. November 2005 schwor sie im Bundestag zum ersten Mal ihren Amtseid und regierte zunächst mit einer großen Koalition, ab 2009 dann mit der FDP und seit 2013 wieder mit der SPD. Fünf der wichtigsten Themen, Vertrauten und Rückzüge aus der Ära Merkel:

Themen

Finanz-/Euro-/Griechenlandkrise: Der Zusammenbruch des aufgeblähten US-Immobilienmarktes trieb ab 2007 Banken in die Insolvenz, andere standen zumindest kurz vor dem Aus. Es trat zutage, dass hinter vielen Milliardensummen in Bilanzen Luftbuchen standen und sich die Kreditinstitute zum Teil in ihren eigenen Konstrukten verhedderten. Merkel sah sich genötigt, gemeinsam mit dem damaligen Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) die Sicherheit deutscher Sparguthaben zu garantieren. Zu den Konjunkturprogrammen gehörte die Abwrackprämie für Pkw, die den Kauf von Neuwagen befördern sollte. Kaum war die Krise einigermaßen überstanden, schloss sich in ihrer zweiten Amtszeit die Euro-Krise an, nach den Banken waren nun Staaten in Finanznöten. Merkel prägte den Satz: „Scheitert der Euro, scheitert Europa.“ Sie brachte der Kanzlerin massive Kritik in den eigenen Reihen ein, genauso wie die darauffolgende Griechenland-Krise.

Atomausstieg: Eigentlich wollte das zweite Merkel-Kabinett aus CDU, CSU und FDP den von Rot-Grün begonnenen Atomausstieg zurückdrehen. Doch dann zerstörte ein Tsunami das Atomkraftwerk im japanischen Fukushima. Ein ganzer Landstrich wurde unbewohnbar. Quasi über Nacht drehte sich Merkel um 180 Grad – und erklärte einen Atomausstieg, der radikaler war als der von Rot-Grün. Erste Akws wurden alsbald abgeschaltet, die Warnungen der Energieindustrie vor Stromengpässen wurden nicht Realität. Mit der Ausgestaltung der Energiewende hin zu erneuerbaren Energien - unter anderem dem Leitungsbau – kämpft die Regierung noch heute.

Wehrpflicht: Die Wehrpflicht galt lange als unumstößlich, vor allem in CDU/CSU. Der „Bürger in Uniform“ galt als Versicherung gegen eine Armee, die sich zum „Staat im Staate“ verselbständigt. Weil die Truppenstärke immer weiter verkleinert wurde, wurde allerdings schon längst aber wurde nur noch ein Bruchteil jedes Jahrgangs einberufen, gerecht war das nicht mehr. 2011 kam – auch aus Spargründen - der Abschied. Der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) verkaufte ihn so gut, dass selbst die Unionsparteien nicht widerstanden.

Mindestlohn: Die SPD, die einen gesetzlichen Mindestlohn selbst lange Jahre abgelehnt hatte, machte ihn zur Bedingung für die aktuelle Koalition. Die Union hatte sich auf Druck ihres Sozialflügels schon in der vergangenen Wahlperiode darauf eingerichtet. Seit Januar 2015 muss nun pro Stunde mindestens 8,50 Euro gezahlt werden – auch in Branchen oder Betrieben ohne Tarifbindung, in denen die Gewerkschaften also keinen Einfluss haben.

Flüchtlinge: Merkels jüngstes Thema ist die Flüchtlingspolitik. Kein Thema ist sie mit so viel Entschlossenheit und öffentlicher Emotion angegangen. Forderungen aus ihrer Partei nach Grenzschließungen und Obergrenzen widerspricht sie – und setzt auf internationale Lösungen. Ganz offene Arme hat auch Merkel nicht. Zweimal bereits hat das Bundeskabinett in den vergangenen Wochen das Asylrecht eingeschränkt. Der Druck aus den eigenen Reihen wächst. Merkel entgegnet, sie sei nicht die erste Kanzlerin, die auch mit Widerständen zu kämpfen habe.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wer die engsten Begleiter der Kanzlerin sind.

Fünf ihrer treuesten Begleiter

Beate Baumann: Schon seit Anfang der 90er Jahre begleitet die Niedersächsin Angela Merkel. Sie war Mitarbeiterin der Frauen- und der Umweltministerin Merkel, zu CDU-Oppositionszeiten im der Parteizentrale und in der Fraktion. Von Beginn an ist Baumann auch Büroleiterin der Kanzlerin Merkel, öffentlich zurückhaltend, aber innerhalb maximal einflussreich. Empfohlen wurde Baumann Merkel übrigens einst von dem späteren niedersächsischen Ministerpräsidenten, Bundespräsidenten und Merkel-Konkurrenten Christian Wulff, damals noch Oppositionsführer in Niedersachsen.

Eva Christiansen: Die frühere CDU-Sprecherin folgte Angela Merkel 2005 ins Kanzleramt. Dort arbeitet sie weiterhin, als Medienberaterin und Leiterin der Abteilung für Grundsatzfragen bestimmt sie wesentlich den Auftritt und die Schwerpunkte der Kanzlerin mit. Öffentlich spricht der frühere ZDF-Journalist Steffen Seibert für die Kanzlerin – allerdings erst seit 2010. Er folgte auf den Edmund-Stoiber-Vertrauten Ulrich Wilhelm, der Intendant des Bayerischen Rundfunks wurde.

Peter Altmaier: Als Kanzleramtschef ist Altmaier Merkels oberster Krisenbeauftragter – aktuell hat sie ihm die Koordination der Flüchtlingspolitik übertragen. Schon vorher, als Staatssekretär im Innenministerium und Fraktionsgeschäftsführer, gehörte der kommunikative Saarländer zu denen, die Merkels Öffnungskurs der CDU in gesellschaftspolitischen Fragen unterstützten. Unter Kanzler Helmut Kohl, zählte Altmaier zu den „Jungen Wilden“, die den Kurs des Vorsitzenden in Frage stellten.

Volker Kauder: Der Baden-Württemberger wandelte sich vom Merkel-Skeptiker zu einem ihrer wichtigsten Unterstützer. Er organisierte als CDU-Generalsekretär den Wahlkampf 2005, der Merkel die Kanzlerschaft brachte. Merkel übertrug ihm danach den Vorsitz der Bundestagsfraktion. Auf dem Posten ist Kauder seitdem geblieben, auch wenn er wohl gerne mal Minister geworden wäre. Aber im aktuellen Kabinett stellt die CDU nur sechs Minister und mit Wolfgang Schäuble war die Baden-Württemberg-Quote erfüllt. Zuvor wollte Merkel angesichts der ständigen Krisen offenbar nicht auf einen erfahrenen Mehrheitsorganisator im Parlament verzichten.

Christoph Heusgen: Der Diplomat ist Merkels Schattenaußenminister, er leitet seit 2005 die Abteilung Außenpolitik im Kanzleramt. Die ist für Merkel besonders wichtig – die Außenpolitik ist ein Schwerpunkt ihrer Politik. Ukraine, Griechenland, Afghanistan – überall ist Heusgen dabei. Praktisch ist, dass Heusgen auch einmal bei der EU gearbeitet hat.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wer unter Merkel seinen Job verloren hat.

Fünf Abgänge

Norbert Röttgen: Merkel hat einige ihrer Minister verloren in den zehn Jahren ihrer Amtszeit. Richtig rausgeschmissen hat sie bislang nur Norbert Röttgen. Der hatte als CDU-Spitzenkandidat nach einem ungeschickten Wahlkampf 2012 die Landtagswahl in NRW verloren. Als Umweltminister sollte er die Energiewende organisieren, hatte aber das Problem, dass er in Teilen der Union nicht wohlgelitten war. Merkel verzichtete auf Röttgens Mitarbeit im Kabinett. Röttgen hat sich mittlerweile der Außenpolitik zugewandt, er ist Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses. Als potenzieller Merkel-Nachfolger gilt er derzeit nicht mehr.

Karl-Theodor zu Guttenberg: Der bayerische Baron legte einen schnellen Aufstieg hin. Binnen weniger Jahre wurde er unbekannten CSU-Hinterbänkler zum Generalsekretär, dann zum Wirtschafts- und schließlich zum Verteidigungsminister seiner Partei. Redegewandtheit, lockeres Auftreten und der als Glamourfaktor taugende adlige Herkunft machten ihn zum Kabinetts-Star. Wäre er länger geblieben, die Union hätte längst einen Nachfolgekandidaten für Merkel. Aber Guttenberg stürzte über eine abgeschriebene Doktorarbeit.

Annette Schavan: Auch Merkels Bildungsministerin musste wegen Zweifel an ihrer Doktorarbeit zurücktreten. Die langjährige CDU-Vize-Chefin galt als eine der engeren Vertrauten Merkels, mittlerweile ist sie deutsche Botschafterin im Vatikan.

Christian Wulff: Eigentlich hätte der niedersächsische Ministerpräsident wohl gerne Merkels Stuhl im Kanzleramt gewollt. Merkel bootete ihn aus, indem sie ihn zum Bundespräsidenten machte. Im Schloss Bellevue hielt sich Wulff nicht lange. Der Verdacht auf mangelnde Trennung zwischen Privatem und Politischem unter anderem bei einem Hauskredit sowie sein fehlerhafter Umgang mit den Vorwürfen führten nach nur zwei Jahren zu seinem Rücktritt.

Ronald Pofalla: Kurz nach der Bundestagswahl 2013 kündigte Pofalla seinen Ausstieg aus der Politik und den Wechsel zur Deutschen Bahn an. Die Begründung: Er wolle mehr Privatleben haben. Die CDU in seinem Wahlkreis fühlte sich betrogen, bei der Bahn war man irritiert, weil das Unternehmen als Freizeitveranstaltung da stand. Merkel, die er erst als Vize-Fraktionschef, dann als CDU-Generalsekretär begleitet hatte, bekundete ihr Bedauern über den Rückzug. Allerdings galt Pofalla in seinem letzten politischen Job als Kanzleramtsminister als Problem – zu aufbrausend, zu autoritär, zu wenig kompromissorientiert. Verbunden bleibt er mit der Affäre um die Spionage des US-Nachrichtendienstes NSA, die er bereits nach kurzem leichterhand für beendet erklärte.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kommt am 18.11.2015 zur Kabinettssitzung im Bundeskanzleramt in Berlin, links Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), rechts Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU).
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kommt am 18.11.2015 zur Kabinettssitzung im Bundeskanzleramt in Berlin, links Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), rechts Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU).
dpa Lizenz
Ronald Pofalla, Mitglied des Vorstandes der Deutschen Bahn AG (DB) und Co-Vorsitzender des Petersburger Dialogs, sitzt während einer Pressekonferenz am 22.10.2015 in Potsdam (Brandenburg) in der DB-Akademie im Kaiserbahnhof auf dem Podium.
Ronald Pofalla, Mitglied des Vorstandes der Deutschen Bahn AG (DB) und Co-Vorsitzender des Petersburger Dialogs, sitzt während einer Pressekonferenz am 22.10.2015 in Potsdam (Brandenburg) in der DB-Akademie im Kaiserbahnhof auf dem Podium.
dpa Lizenz