Mühle Rasurkultur Mühle Rasurkultur: Borstige Brüder
STÜTZENGRÜN/DPA. - Der Großvater hatte vor 65 Jahren mit schlichten Borstenpinseln angefangen, seine Enkel präsentieren eine wesentlich breitere Auswahl: Die im erzgebirgischen Stützengrün produzierten Rasierpinsel der Marke "Mühle" kosten im Laden zwischen 30 und 350 Euro, erzählt Andreas Müller. Für seinen Bruder Christian liegt die klassische Nassrasur weiter "im Trend". Natürlich sind die Müllers glatt rasiert. Beide leiten die 1945 gegründete Firma. Zu DDR-Zeiten war sie verstaatlicht worden, 1990 holte der Vater von Andreas und Christian Müller den Betrieb von der Treuhand zurück. In diesem Jahr erwarten die Müllers einen Rekordumsatz von 4,7 Millionen Euro.
Nach dem Neustart als Zwei-Mann-Betrieb 1990 gibt es heute 31 Mitarbeiter - und in den nächsten Jahren könnten es noch eine Hand voll mehr werden, sagt Andreas Müller und verweist auf die erst jüngst vollendete Produktionshalle und ein neues Hochregallager. Der Ausbau soll dazu beitragen, noch unabhängiger von Zulieferern zu werden.
Angewiesen bleibt die Hans-Jürgen Müller KG freilich auf asiatische Dachshaare und deutsche Schweineborsten - in geringerem Umfang werden auch Pinsel aus synthetischen Fasern fabriziert. Insgesamt werden pro Jahr rund 1,5 Millionen Stück industriell und 20 000 Dachshaarpinsel manuell gefertigt. Nicht auf allen steht auch "Mühle" drauf, zu den Abnehmern gehören etwa eine namhafte Drogerie-Kette und ein international agierender Rasierer-Anbieter - ohne dessen Aufträge der Betrieb Mitte der 1990er hätte einpacken können, wie Christian Müller sagt.
Inzwischen geben sich die Brüder nicht mehr nur mit Rasierpinseln zufrieden, sondern bieten das ganze Sortiment rund um die Nassrasur an, zu dem etwa auch Seifen, Rasiercremes Lotions und Rasierer gehören.
Christian Müller glaubt auch weiter an die Nassrasur und damit an die Zukunft der Rasierpinsel. Sie weichen Barthaar und Haut an - und das geräuschlos, benennt er den Vorteil gegenüber brummenden Rasierapparaten.
Zu DDR-Zeiten hatte Mühle vor allem osteuropäische Länder mit täglich bis zu 6 000 Rasierpinseln versorgt. Inzwischen wird eher in den Westen exportiert: Stützengrüner Produkte werden laut Müller etwa nach Großbritannien, Frankreich, Italien und in die USA geliefert. Auch in Japan wollen die Sachsen nun Fuß fassen und haben in Tokio seit diesem Jahr einen Vertriebspartner - allerdings muss dort die Tradition der Nassrasur erst noch begründet werden.